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Fortbildungskurs

Förderung von Motivation zum Deutschlernen anhand der Arbeit mit authentischen Texten

Lektion 5. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts in der Sekundarstufe 1. Motivationale Übungstypen

Erstellt von Dr. Olga Sacharowa

PLAN

Zeitung
Nr.

Lektion

17

Lektion 1. Grundlagen der Motivation.

18

Lektion 2. Text in der modernen DaF-Didaktik.

19

Lektion 3. Motivationale Übungsformen bei der Textarbeit.
Kontrollarbeit Nr. 1

20

Lektion 4. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts im Primarbereich. Motivationale Übungstypen.

21

Lektion 5. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts in der Sekundarstufe 1. Motivationale Übungstypen.

22

Lektion 6. Besonderheiten des Fremdsprachenunterrichts in der Sekundarstufe 2. Motivationale Übungstypen.
Kontrollarbeit Nr. 2

23

Lektion 7. Entwicklung von Lernstrategien bei der Textarbeit. Arten von Lernstrategien, ihre Rolle in Beeinflussung von lernbezogener Motivation.

24

Lektion 8. Unterrichtsformen zur Förderung vom autonomen Lernen.
Abschlussarbeit

 

1. Besonderheiten des Unterrichts

Jugendliche im Alter zwischen 11 und 15 Jahren zu unterrichten, ist unter dem Blickwinkel Motivation keine besonders leichte Aufgabe. Sowohl für die meisten Lehrer als auch für viele Eltern ist es sicherlich eine große Herausforderung, mit einer jungen Persönlichkeit in diesem Alter zu tun zu haben. Opposition ist oft ein Lieblingsstandpunkt junger Leute, ihre Ablehnung der Erwachsenenwelt zeigen sie einfach aus Prinzip. Sie sind auf Identitätssuche und grenzen sich deshalb zunächst von der Welt der Erwachsenen ab. Den Sprachunterricht macht das nicht einfacher – es sei denn, man erkennt diese entwicklungspsychologischen Besonderheiten und geht darauf ein. Was wir gerade zu tun versuchen. Könnte man einen Slogan für diese Altersstufe in jedem Klassenraum aufhängen, so sollte dort geschrieben sein: «Bitte nicht belehren!»
Einerseits sind Jugendliche in diesem Alter fasziniert von Extremen. Es geht darum, die Grenzen der eigenen Möglichkeiten festzustellen, um das eigene Ich innerhalb dieser Grenzen zu bestimmen. Andererseits orientieren sie sich an Idolen, die für sie wichtige Werte verkörpern. Sehr oft können das aber auch ganz gewöhnliche Alltagshelden sein, in deren Lebensgeschichten die Jugendlichen Elemente wiederfinden, die für ihr eigenes Leben von Bedeutung sind.
Um diese Altersstufe anzusprechen, sind Inhalte sehr wichtig. Es reicht nicht, im Unterricht Redemittel zu üben, die vielleicht später irgendwann einmal außerhalb des Unterrichts von Bedeutung sind, die aber im «Hier und Jetzt» des Klassenzimmers wenig Relevanz haben.
Für dieses Alter ist es wichtig, Texte zu finden, deren Inhalte auf den ersten Blick weit von der Lebensrealität der Jugendlichen entfernt sind, die aber Elemente aufweisen, in denen die Jugendlichen eigene Lebenserfahrungen wiedererkennen. In den Texten und bei allen Aufgaben und Aktivitäten, die an die Texte anschließen, ist es wichtig, die Jugendlichen zum Nachdenken zu motivieren. Das Bedürfnis, etwas zu verstehen und etwas mitzuteilen, ist der Motor des Fremdsprachenlernens. Für die Jugendlichen sind zunächst die Texte und die Themen interessant, aber auch die vielen Aufgabenstellungen, die eine mitteilungsbezogene Kommunikation im Unterricht ermöglichen.
Das Alter zwischen 11 und 15 Jahren ist auch die entscheidendste und intensivste Lesephase, die auch in den Erinnerungen der Leserinnen und Leser die stärksten Eindrücke hinterlässt. Diese Phase wird oft als die des «pubertären Lesens» genannt. Das Lesen ist hochgradig emotionalisiert und wird häufig als suchthaft oder als Rausch beschrieben. Das Lesen zeichnet sich in dieser Phase weiterhin durch das intensive Verschlingen von stereotyper Lektüre, etwa in der Art Harry Potter-Storys, aus. Das Lesen dient in dieser Zeit noch nicht der Aneignung von Wissen, sondern vor allen Dingen der Befriedigung des Trieblebens. Das Sprachenlernen soll also Stoff liefern, um die Auseinandersetzung mit sich selbst zu ermöglichen. Aber die Lerninhalte sollen auch die Möglichkeiten geben, sich zurückzuziehen und sich von den Eltern abzugrenzen. Sinnvoll erscheint daher, die Problematik so auszuwählen, dass sie so als ob über andere berichten würde, in Wirklichkeit aber die Probleme der jungen Leute ansprechen kann. Das hilft den Schülern für sich selbst klarzumachen, wo sie den Weg in die Erwachsenenwelt finden können.

Aufgabe 1
Lesen Sie noch einmal den einleitenden Teil dieser Lektion durch.
Schauen Sie sich Ihre Notizen über die Altersbesonderheiten dieser Stufe aus der Lektion 1 an.
Welche Themen könnten für die Schüler interessant sein?

Legen Sie eine Themenliste an, geben Sie diese Ihren Schülern. Sie sollten die für sie interessanten Themen markieren und neue hinzufügen.
Analysieren Sie das Ergebnis – welche Themen fehlen in dem entsprechenden Lehrwerk, was sollte ergänzt werden?


Aufgabe 2
Vergleichen Sie diese Texte aus den Lehrwerken für Jugendliche.
Welcher Text ist für diese Altersstufe irrelevant (passt nicht)?
Aus welchen Gründen?


Beispiel 1

img1

Laura, 16 Jahre: Ich bin ein absoluter Sommerfreak. Das erkennt man unschwer an den Flip-Flops. Ich trage sie sogar im Winter im Haus, nur um ein bisschen «Sommerfeeling» zu bekommen. Dann muss ich mich
nicht die ganze Zeit über das blöde Wetter ärgern. Ich habe viele bunte Sommerlatschen, die nach Salzwasser, Sand, Sonnencreme und heißem Asphalt aussehen.
Wenn ich draußen unterwegs bin, trage ich oft Schuhe mit Absätzen. Da ich relativ klein bin, sind die Absätze eine gute Möglichkeit, um dies ein wenig auszugleichen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht gerne Turnschuhe trage. Ganz im Gegenteil: Turnschuhe sind für mich einfach unentbehrlich. Es gibt nun mal keine bequemeren Schuhe. Außerdem kann man auf hohen Schuhen sehr schlecht Sport treiben.
Ich habe sehr viele unterschiedliche Schuhe und bin sehr wählerisch beim Aussuchen. Die Schuhe müssen mir gefallen und dürfen nicht viel kosten. Manchmal brauche ich wochenlang, um die richtigen Schuhe zu finden. Beim Schuheputzen bin ich allerdings sehr faul. Das ist natürlich schlecht, wenn man viele Schuhe hat.

img2

Wenn ich jemanden kennenlerne, achte ich meistens auf die Schuhe. Trotzdem beurteile ich niemanden nach seinen Schuhen. Man kann anhand der Schuhe nur etwas über das Styling einer Person sagen, nicht über den Charakter. Schuhe machen das Styling erst komplett.

(Aus: Juma. Nr. 3/2005. S. 9)

Beispiel 2
Leseratten und Lesemuffel

a Sieh dir die Statistik an und beantworte die Fragen.

  1. Wer liest mehr: Jungen oder Mädchen?
  2. Wie viel Prozent lesen gar nicht täglich?
  3. Wie viele Jugendliche verbringen mehrere Stunden am Tag mit Lesen?
  4. Wie viele Jugendliche lesen sehr wenig?
img3

b Bist du eine Leseratte oder ein Lesemuffel?
Sprich über deine Lesegewohnheiten.

c Gibt es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in eurer Klasse?

(Aus: Team Deutsch. Ernst Klett Verlag, 2008. S. 59)

Beispiel 3

a) Lies den Titel. Worum geht es?

Papa, ich und Rockmusik

«Du, Papa, ich möchte ins Rockkonzert gehen.»
«Aha. Wer spielt denn?»
«Die Scorpions.»
«Was? Die Scorpions? Da komme ich mit.»
«Du??? Nein, bitte nicht!»
«Na, hör mal!»
«Na ja, du und Rockkonzert! Du bist doch ...»
«...zu alt, meinst du?»
«Naja...»
«Ich kenne die Scorpions schon 20 Jahre.»
«Ich weiß, aber...»
«Seit 20 Jahren sind die Scorpions eine super Band, die beste in Deutschland! Ich bin ein Fan!»
«Ja schon, aber ... Wie sieht das denn aus, wenn ich mit Papa komme?»
«Na und? Wo ist denn das Konzert?»
«Im Olympiastadion.»
«Und wann?»
«Am 30. September, 21.00 Uhr.»
«Um 21.00 Uhr! So spät! Und wie alt bist du?»
«Vierzehn. Ich weiß, es ist sehr spät. Aber Jan geht auch, und Hanna auch.»
«Du möchtest doch auch hingehen. Also, Daniel,... ich komme mit.»
«Oje!»

b) Du verstehst sicher nicht jedes Wort. Aber das macht nichts. Das verstehst du bestimmt: Papa kommt mit ins Rockkonzert. Wie findet Daniel das?

c) Macht ein Plakat für das Konzert.

(Aus: Planet. Hueber, 2004. S. 29)

 

2. Motivationale Übungsformen

Höchst relevant für die Jugendlichen sind die interaktiven Übungsformen, bei denen die Schüler untereinander agieren. Auf diese Weise werden nicht nur die Beteiligten am Unterrichtsgeschehen motiviert, sondern auch die als Ziel gesetzte Kommunikationsfähigkeit in der Zielsprache wird eingeübt. Es handelt sich um Varianten des sogenannten offenen Unterrichts, Rollenspiele und Diskussionen, die vorher in Partner- oder Gruppenarbeit eingeübt wurden. Sie stellen den Abschluss einer selbstständigen Lernphase der Schüler dar. Die in den Bildungsstandards geforderte sprachliche Handlungskompetenz beschränkt sich hierbei nicht nur auf die Beherrschung geeigneter Redemittel, sie schließt vielmehr die Dynamik der Interaktionen mit ein. Bei der Vermittlung von Redemitteln sollte man auch immer darauf achten, die Schüler auf Höflichkeitsformen, soziokulturelle oder regionale Unterschiede, wie auch auf Jargon aufmerksam zu machen. Wichtig bei kommunikativen Übungen sind die Inhalte. Das nötige Sprachmaterial sollte nur als funktional betrachtet werden. Die ausgesuchten Inhalte, Kontexte und Situationen sollten schülerorientiert sein und somit die Schüler zu Äußerungen motivieren.
Folgende Beispiele veranschaulichen, wie man mit gut ausgewählten Inhalten Motivation schaffen könnte.

der/die Älteste • das Sandwich-Kind • der/die Jüngste • das Einzelkind

Beispiel 4
Deine Rolle in der Familie

Welche Beschreibung passt zu dir? Wähl aus und lies sie deinem Nachbarn vor.

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Du und deine Familie

a Welcher Satz passt zu dir? Überleg, was du zu dem Thema sagen kannst.

b Sucht in der Klasse andere Einzelkinder, Sandwich-Kinder usw. Setzt euch zusammen und tauscht eure Erfahrungen aus. Ein Gruppensprecher fasst das Ergebnis zusammen.

(Aus: Team Deutsch. Ernst Klett Verlag, 2008. S. 54)

Beispiel 5

img5

(Aus: Team Deutsch. Ernst Klett Verlag, 2008. S. 74)

Aufgabe 3
Analysieren Sie die beiden Beispiele. Welche Interessen und Motive der entsprechenden Altersstufe sprechen die beiden Texte an?
Ist die Aufgabenformulierung auch motivierend?

 

Motive/Interessen

Beispiel 1

 

Beispiel 2

 

 

2.1. Rollenspiel

Rollenspiele im Fremdsprachenunterricht resultieren zumeist aus der Arbeit mit Texten (z. B. Lehrbuchtexten) und stellen in der Regel eine sehr motivierende Übungsform dar. Sie ermöglichen es den Schülern, Texte oder Situationen szenisch zu verarbeiten. Die Kommunikationssituation ist also in der Regel fiktiv. Wichtig ist hierbei, dass die vorliegenden Texte oder Lehrbuchtexte nicht nur imitiert werden. Man unterscheidet bei Rollenspielen zwischen Simulation, bei der der Schüler die eigene Identität beibehält, und dem eigentlichen Rollenspiel, bei dem der Schüler die Rolle einer anderen Person annimmt. Neben dem zentralen Lernziel der Verbesserung der kommunikativen Kompetenz fördern Rollenspiele die Interaktionsfähigkeit und verfolgen affektive (stark emotional fördernde) und soziale Lernziele. Sie fördern die Fähigkeit von Schülern, sich in die jeweiligen Personen hineinzuversetzen, also fremde Identitäten anzunehmen und das Denken, Fühlen und Verhalten der jeweiligen Personen besser zu verstehen.
Mit Rollenspielen können im Fremd­spra­chen­unterricht allgemein:
– realitätsnahe oder fiktive Interaktions- und Kommunikationsstrukturen geschaffen werden, in denen Kommunikationsabsichten bewusst werden und entsprechende Kommunikationsmittel kennengelernt und angewendet werden, um diese Absichten auszudrücken (Erweiterung der kommunikativen Kompetenz);
– Sprache und Inhalte handelnd reproduziert und produziert (kreativ erschaffen) werden;
– verschiedene Aktions- und Reaktions­mög­lich­keiten in verschiedenen (eigenen und fremden) Rollen probiert werden;
– Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven gesehen und auf diese Weise hinterfragt werden, wobei es nicht um einfache Antworten, sondern um ein Weiterfragen geht;
– Empathie und ein erweitertes Verständnis für andere Denkweisen, Haltungen, Kulturen etc. entwickelt werden;
– nonverbale Wahrnehmungs- und Ausdrucks­möglichkeiten gefunden und erweitert werden;
– Sprachen emotionell erlebt werden.
Durch konstante Übung können hierbei auftretende Hemmungen oder Ängste abgebaut werden. Die Thematik der durchgeführten Rollenspiele sollte die Welt dieser Alterstufe ansprechen und die soziale Erfahrung berücksichtigen.
Spielt man beispielsweise einen Apothekenbesuch mit einer Klasse durch, so ist ein Schüler gezwungen, die Rolle des Apothekers zu übernehmen, mit der er sich sicher schwer identifizieren kann. Die Übernahme einer solchen Rolle kann man den Schülern erleichtern, indem man Rollenkarten entsprechend ausführlich gestaltet und mit Redemitteln versieht. Andererseits kann die Übernahme einer solchen Rolle die Fantasie der Schüler anregen und eine besondere Herausforderung darstellen. Rollenspiele müssen nicht gezwungenermaßen aus Texten resultieren, sie können auch auf einem Bildtext als Stimulus beruhen. Zur Vorbereitung der Rollenspiele kann der Lehrer z. B. Rollenkarten oder Ablaufschemata erstellen, die die Schüler mit inhaltlichen und sprachlichen Hilfen (Redemitteln) versorgen. Andererseits können die Schüler durch einfache Rollenzuweisungen ohne Festlegung des Interaktionsergebnisses sehr freie Dialoge entwickeln und diese individuell ausgestalten. Bei diesen Formen unterscheidet man gelenkte Rollenspiele (engl. role taking – Rollenübernahme aus einem vorbereiteten Angebot) mit klaren Vorgaben für das Handeln der einzelnen Personen und freiere Rollenspiele (engl. role making – selbstständige Rollenentwicklung), in denen die Rollen von den Schülern kreativ ausgestaltet werden können. Die folgenden Beispiele geben einen Überblick, auf welche Weise man in den motivationalen Texten Möglichkeiten für den Einsatz von Rollenspielen finden kann.

Beispiel 6
Eine Jugendzeitschrift hat junge Leute gefragt: Wie wichtig ist das Fernsehen für euch?

img6

«Nach den Hausaufgaben schau ich meistens Fernsehen oder ein Video. Manchmal zappe ich einfach durch die Kanäle. Irgendwas ist immer interessant. Sport sehe ich gern. Am liebsten Wrestling auf RTL2.» «Meine Mutter will nicht, dass ich so viel fernsehe. Abends darf ich gar nicht fernsehen. Nur in den Ferien oder bei meiner Oma. Dann gucken wir Krimis an. Zu Hause soll ich zuerst eine Sendung im Fernsehprogramm auswählen. Erst dann darf ich sie gucken.» «Ich mache die Glotze nicht so oft an. Fernsehen ist für mich nicht so wichtig. Ich gehe lieber spazieren oder fahre Rad. Ich male auch ganz gern. Manchmal schaue ich Musikvideos an, aber nicht lange.»

Welcher Satz im Text passt zu welcher Person?
a) Viele Schüler schalten den Fernseher schon am Nachmittag an.
b) Sport im Fernsehen ist für sie wichtiger als Sport mit Freunden.
c) Die Eltern finden das meistens nicht gut – es gibt Konflikte.
d) Oft sehen die Großeltern mehr fern.
e) Die meisten Familien haben einen Videorekorder und viele Videos.
f) Viele Jugendliche finden aber auch, dass es interessantere Dinge als Fernsehen gibt.
g) Fast alle Jugendliche mögen aber die Videoclips auf MTV und Viva.

(Aus: Sowieso 2. Kursbuch. Deutsch als Fremdsprache
für Jugendliche. München: Langenscheidt, 1995. S. 22)

Beispiel 7

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(Aus: Praxis Sprache 7. Westermann, 1979. S. 15)

Beispiel 8

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(Aus: Keine Panik. Langenscheidt, 1997. S. 24)

Aufgabe 4
Analysieren Sie das Lehrwerk, mit dem in Ihrer Schule Jungendliche unterrichtet werden. Finden Sie darin Texte mit Inhalten, die man (ganz oder zum Teil) in ein Rollenspiel verwandeln kann.
Machen Sie zuerst einen Plan zur Arbeit mit diesem Rollenspiel:
Welche Rollen gibt es?
Mit welchen sprachlichen Mitteln können die handelnden Personen charakterisiert werden?
Mit welchen sprachlichen Mitteln könnten diese Personen beschrieben werden?
Wer in der Klasse könnte diese Rolle übernehmen?
Zu welchen Themen können diese Personen sprechen?
Welche Redemittel können in den einzelnen Rollen gebraucht werden?
Was brauchen Sie zur Organisation dieses Spiels?
Sprechen Sie Ihre Schüler an:
Welche Rollen sehen sie im Text?
Wie kann man diese Personen charakterisieren und ihr Äußeres beschreiben?
Wer möchte welche Rollen übernehmen? (An einer Rolle kann zu zweit oder zu dritt gearbeitet werden.)
Lassen Sie Ihre Schüler die Rollen ausformulieren.
Gestalten Sie dieses Rollenspiel.
Nach dem ersten Versuch kann auch ohne vorformulierte Rollen gearbeitet werden, aber Sie sollten für genug Redemittel sorgen.

 

2.2. Klassenkorrespondenz

Die seit Langem bekannte und sich sehr gut bewährende komplexe Übungsform, die sowohl Aspekte der Schreibfertigkeit als auch des interkulturellen Lernens gleichermaßen berücksichtigt, ist die Klassenkorrenspondenz. Dabei ist die Zielsprache wesentliches Medium. Die modernen Formen sind E-Mail-Austausch, SMS, Chat und das Gestalten von Webseiten oder Blogs. Bei dieser Übungsform schreiben Schüler nicht für den Unterricht, sie haben ein «echtes» Anliegen: den inhaltlichen Austausch mit anderen Schülern, was ihnen in der aktuellen Entwicklungsphase äußerst wichtig ist. Somit wird die Grenze zwischen Schule und Leben tendenziell aufgehoben, was die Teenagers zufriedenstellt und beruhigt. Einige Lehrwerke versuchen diese Form zu aktivieren, indem sie nicht nur Kommunikation mit digitalen Medien anbieten, sondern auch die alte gute klassische Form der Brieffreundschaft zu beleben versuchen. Denn ein klassischer Brief bringt Abenteuer und Faszination, die die digitalen Formen (mit all ihren Vorteilen) doch nicht geben. Ein Brief im Briefkasten ist eine Botschaft aus der unbekannten Ferne und selbst den Briefumschlag mit Stempeln und Briefmarken öffnen ist schon recht abenteuerlich. Außerdem können in diese Form der Korrespondenz alle involviert sein im Unterschied zum Internet, über das doch in der russischen Realität nicht alle verfügen. Sogar die deutschen DaF-Lehrwerke werben für Brieffreundschaften und benutzen solche Werbetexte als motivationale Übungstypen zu einem Text. Zum Beispiel:

Aufgabe zum Text
Wie lange schreiben Sie schon?
In welche Länder schicken Sie Briefe?
Warum schreiben Sie?

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Vor einigen Jahren hat die 17-jährige Monika die Brief­freund­schaften angefangen. Sie hat einen Prospekt des International Youth Service gesehen mit vielen Adressen, und kurz darauf schickte sie die ersten Briefe nach Singapur, Griechenland und England ab. Den längsten Kontakt hat sie jetzt seit sechs Jahren mit Asien. «Ich will meine Brieffreundin Cora auch einmal persönlich kennenlernen und sie in Singapur besuchen», plant Monika. Durch die Brieffreunde lernt sie viel über fremde Länder und über andere Kulturen. «Briefeschreiben macht unheimlich viel Spaß und ich bekomme auch gern Post.» «Das war nur ein Zufall», erinnert sich Martin. «Ich habe ganz spontan auf eine Brieffreund­schaftsanzeige geantwortet.» Aber dann war er enttäuscht, dass er keine Antwort bekommen hat. Der 15-Jährige hat danach selbst eine Anzeige in der Jugendzeitschrift JUNGE ZEIT veröffentlicht. Der Erfolg war riesig: 15 Jungen und 20 Mädchen haben geantwortet, und mit drei Mädchen aus Österreich und Deutschland ist er jetzt schon seit drei Jahren in Briefkontakt. Die Brieffreundschaften sind sehr wichtig für Martin. «Ich freue mich jeden Tag, wenn ich einen Brief bekomme. Das ist wie ein Geschenk!»

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(Aus: Sowieso 2. Kursbuch. Deutsch als Fremdsprache
für Jugendliche. München: Langenscheidt, 1995. S. 20)

Unter diesen Umständen kann das selbstständige Verfassen und Gestalten von Texten effektiv entwickelt werden, dabei entfallen die von der Lehrkraft stark gesteuerten Lernformen, man bekommt die Möglichkeit, wenn nicht alle, aber die meisten Schüler emotional anzusprechen. Die Probleme der Suche nach dem eigenen Ich werden zum Teil gelöst durch die vorwiegend autonomen und interaktiven Übungsformen.
Aber der formale Aspekt der Schreibfertigkeit steht nicht an erster Stelle. Klassenkorrespondenz ist nicht nur als Übungsform auf dem Weg zum korrekten Schreiben zu sehen. Der inhaltliche Austausch zwischen Schülern oder Schülergruppen, die Kommunikation steht zentral. Das erfordert ein Lehrerverhalten, das den Prozess nicht inhaltlich steuert und kontrolliert. Der Lehrer soll Initiator und Animateur sein, er soll den Unterrichtsprozess in Gang setzen und den Schülern Unterstützung gewähren.
Die Sozialformen für die Klassenkorrespondenz können folgendermaßen aussehen:
– eine Klasse schreibt einer anderen Klasse. Sie stellt sich, ihre Schule, ihre Region und so weiter vor;
– Kleingruppen aus einer Klasse schreiben einer Kleingruppe einer anderen Klasse;
– ein Schüler schreibt einem anderen Schüler.
Diese Formen lassen sich miteinander verknüpfen.
Als Lehrer sollten Sie Folgendes unternehmen:
Partner finden. Die können nicht unbedingt weit entfernt sein. In so einem großen Land wie Russland findet man zahlreiche junge Leute, die gern einander mit Hilfe der deutschen Sprache kennenlernen möchten. Wichtig ist dabei Ihre persönliche Partnerin – die Lehrkraft, die diese Klasse betreut oder unterrichtet.
Die Partner für so eine Klassenkorrespondenz in Deutschland kann man unter folgenden Internet-Adressen finden:
http://www.letternet.de (die Internetseite für Brieffreundschaften der Deutschen Post),
http://www.totschka-treff.de (die Internetseite für junge Interessenten an der deutschen Sprache).

Aufgabe 5
Machen Sie in Ihrer Klasse eine Umfrage:
Zu welchen Themen würden Ihre Schüler einer anderen Klasse oder einer anderen Person gern schreiben?
Falls Sie keinen Internetzugang haben, können Sie den Briefwechsel unter den Schülern Ihrer Schule organisieren. Das Wichtige und Motivierende dabei ist, nicht an eine konkrete Person zu schreiben, sondern an eine anonyme. Alle Teilnehmer lassen sich registrieren und erhalten eine Kennziffer. Bei der Registration geben sie ihre Interessen an. Die Kennziffern werden unter den Teilnehmenden verteilt und die Aktion verläuft eine Zeit lang anonym. Falls Sie die gute alte Briefform benutzen, so sollte die «Briefträgerin» (die Person, die Briefe verteilt) eine Lehrkraft sein, um die Anonymität und die Spannung zu behalten.

 

2.3. Einsatz der Dramapädagogik

Die Dramapädagogik, entstanden in Großbritannien und dort in den letzten 50 Jahren entwickelt (bekannt auch unter den Namen «Drama in Education» «Process Drama» oder «Structured Drama»), ist eine handlungsorientierte, kreative und ganzheitliche Form des Lehrens und Lernens, die Spielen und Darstellen im Unterricht mit einschließt und die durch die Wechselbeziehung von kognitiven (mit Erkenntnis verbunden) und affektiven (mit Emotionen verbunden) Inhalten die Effektivität des Unterrichts wesentlich erhöht.
Dramapädagogik schafft durch die «Als-ob-Situation» Freiräume für subjektives Erleben und Erfahren. Neben inhaltlichem Lernen findet vor allem auch soziales Lernen statt: Drama­pädagogik ermöglicht den Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die psychosozialen Schlüsselqualifikationen und Grundkompetenzen (Persönlichkeitsbildung, Rollenflexibilität, Team­fähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Empathie etc.) fördern und stärken. All das ist für das Alter der Pubertätsphase höchst relevant.
Nicht zuletzt ist Dramapädagogik auch ein wichtiger Bereich der ästhetischen Erziehung von Jugendlichen. Allerdings steht die Ästhetik, im Unterschied zur Theaterpädagogik, nicht im Mittelpunkt. In der Theaterpädagogik werden Spiele, Übungen, Techniken oder Methoden eher im Hinblick auf ihre künstlerische Aussagefähigkeit oder Verwendbarkeit eingesetzt. Es geht vorrangig darum, die Ausdrucksmöglichkeiten und -fähigkeiten durch das Medium Theater zu schulen und zu ästhetisieren. Am Ende des Prozesses wird zumeist ein (ästhetisches) Produkt präsentiert (z. B. eine Inszenierung, die mehrmals auf der Bühne wiederholt werden kann). Im dramapädagogischen Unterricht ist hingegen oft gar kein außenstehendes Publikum vorhanden, und am Ende steht kein Produkt, sondern eine Erkenntnis. Die dramatisierten Situationen können nicht mehr wiederholt werden, sie entstehen nur einmal in der Klasse und die Sprache dient als Mittel zum Verstehen der eigenen Probleme. Insofern kommt in einer kommunikativ orientierten Fremdsprachendidaktik der Dramapädagogik aufgrund ihres ganzheitlichen Ansatzes eine entscheidende Rolle zu. Spielerische Methoden und (isolierte) Drama-Aktivitäten zur Er­höhung der Sprechbereitschaft oder auch zur Einübung von Strukturen in der Fremdsprachenvermittlung sind mittlerweile gang und gäbe.
Je «offener» bzw. «ungelenkter» die Inszenierungsformen sind, desto authentischer, ungehemmter und flüssiger wird die fremdsprachliche Kommunikation werden und desto weiter wird sich der Unterricht von der sich ständig wiederholenden Lehrerfrage-Schülerantwort-Situation entfernen. Die Lehrer übernehmen selbst eine Rolle und können dadurch dem Geschehen neue Impulse geben und sogar den Status als Schüler annehmen.
Hier kommen wir wieder zu einem Rollenspiel, aber zu einem Spiel mit mehreren, komplexeren Rollen. Es gibt in Dramapädagogik mehrere Möglichkeiten von Rollenübernahmen:

  1. Eine reale Situation wird mit der eigenen Identität gespielt, d. h. man nimmt keine fiktive Identität an, sondern spielt sich selbst (eine der bekannten eigenen Rollen).
  2. Eine fiktive Situation wird gespielt, die Handelnden spielen sich selbst.
  3. Die Handelnden übernehmen in einer realen oder fiktiven Situation eine fiktive Rolle.

Bevor man mit sprachlicher Gestaltung der Rollen beginnt, sollte man klären:
– die Handlungsabsicht der fiktiven Figur;
– den Status der fiktiven Figur (in ihrer Beziehung zu den anderen fiktiven Figuren);
– die Haltung, die eine fiktive Figur zu einem Sachverhalt oder Vorgang bzw. einer Person gegen­über annimmt bzw. annehmen wird.

Hilfreich ist dabei, nicht nur eine äußere, sondern auch eine innere Haltung zu entwickeln. Dies kann z. B. durch konkrete Fragen an die fiktive Person (über ihr Aussehen, ihre Vorlieben und Abneigungen, die momentane Lebenssituation, ihre Handlungsmotivation etc.), das Schreiben einer Rollenbiografie unterstützt werden. Dabei können aktuelle Situationen und Probleme der jungen Leute in diesem Alter angesprochen werden.
Das weiter angeführte Beispiel, wie der authentische Text die Möglichkeiten zu Dramatisierung bieten kann, gibt die Vorstellung über die Planung dieses Ansatzes und dessen Verbalisierung (Auswahl von sprachlichen Redemitteln).

Kerntext

Fünfzehn
Von Rainer Kunze

Sie trägt einen Rock, den kann man nicht beschreiben, denn schon ein einziges Wort wäre zu lang. Ihr Schal dagegen ähnelt einer Doppelschleppe: lässig um den Hals geworfen, fällt er in ganzer Breite über Schienbein und Wade. Am liebsten hätte sie einen Schal, an dem mindestens drei Großmütter zweieinhalb Jahre gestrickt haben – eine Art Niagara-Fall aus Wolle. Ich glaube, von einem solchen Schal würde sie behaupten, dass er genau ihrem Lebensgefühl entspricht. Doch wer hat vor zweieinhalb Jahren wissen können, dass solche Schals heute Mode sein würden. Zum Schal trägt sie Tennisschuhe, auf denen sich jeder ihrer Freunde und jede ihrer Freundinnen unterschrieben haben. Sie ist fünfzehn Jahre alt und gibt nichts auf die Meinung uralter Leute – das sind alle Leute über dreißig. Könnte einer von ihnen sie verstehen, selbst wenn er sich bemühen würde? Ich bin über dreißig.

(Reiner Kunze. Fünfzehn. Aus: Ehlers, S.:
Lesen als Verstehen. Langenscheidt, 1992. S. 9)

Wer hat diesen Text geschrieben?
Wie sieht der Autor das Mädchen?
Wie gefällt dir dieses Mädchen?
Verhalten sich deine Freunde ähnlich?

Vorbereitung auf eine Dramatisierung

Besprich mit deinen Freunden und ergänze die Infos
Das Mädchen
Name, Vorname
Charakter
Äußeres
Interessen

Familie von dem Mädchen aus dem Text
Wer
Alter
Beruf
Aussehen
Interessen
Verhalten zu dem Mädchen

Freunde
Namen, Vornamen
Äußeres
Interessen
Verhalten zu dem Mädchen

Macht jetzt zu allen Personen ein Vorstellungsposter mit Bildcollagen.

Situationen zu Dramatisierung

1. Du bist der Freund von dem Mädchen. Ihr geht heute ins Kino. Das Aussehen von deiner Freundin gefällt den Leuten auf der Straße nicht. Wie reagierst du?
Erarbeite deine Position.
Was sagst du deiner Freundin und den Leuten auf der Straße?
Rollen: Freund, Mädchen, Leute.

2. Du bist der Vater. Dir gefällt Kleidungsstil von deiner Tochter nicht. Was sagst du ihr? Was sind deine Argumente?
Rollen: Vater, Mädchen.

3. Du bist die Freundin von dem Mädchen. Dir gefällt bei ihr alles. Du unterstützt sie ihren Eltern gegenüber. Was sagst du? Welche Argumente hast du?
Rollen: Freundin, beide Elternteile, Mädchen.

Nachbesprechung:
Wer hat am besten gespielt? Warum?
Welche Emotionen hattest du?
Was hat dir gefallen, was war uninteressant?

Weiterführende Aufgabe
Man sagt, die Kleidung widerspiegelt den Charakter und die Eigenschaften der Menschen.

Aufgabe

Schneidet jedes Paar Schuhe aus und zeichnet einen passenden Besitzer dazu! Beschreibt alle Typen und ihre Schuhe!

img11

(Aus: TIPP (Beilage zur Zeitschrift JUMA).
Nr. 3, 2005. S. 5)

Aufgabe 6
Lesen Sie bitte noch einmal die Teile Rollenspiel, Klassenkorrenspondenz und Dramapädagogik durch.
Markieren Sie:
Welche für die mittlere Stufe relevanten, wichtigen Prinzipien werden mit diesen Arbeitsformen angesprochen?
Was könnten für Ihre Lehrersituation die Vor- oder Nachteile sein?
Ergänzen Sie diese Tabelle.

Arbeitsform

Vorteile

Nachteile

Rollenspiel

 

 

Klassenkorrespondenz

 

 

Dramatisieren

 

 

 

2.4. Der Storyline Approach – der «Geschichten-Entwickeln»-Ansatz

Der Storyline-Ansatz wird seit 10 Jahren sehr erfolgreich im Deutschunterricht verwendet. Die «Storyline» ist zu sehen als eine schülerorientierte Methode für einen handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht. Sie beruht auf der scheinbar zufälligen Verflechtung der vom Lehrer geplanten Unterrichtsinhalte z. B. «Geschäfte – Waren – Einkaufen gehen – Verkaufsgespräche trainieren – Beschwerden formulieren» mit den individuellen Interessen und Ideen der Schülerinnen und Schüler. Angeregt durch gezielte Impulse des Lehrers, die sogenannten «key questions» (Schlüsselfragen), tragen die Lerner in hohem Maße dazu bei, die Story zu entwickeln, und stellen somit die treibende Kraft des Lernprozesses dar.
Die Lerner gestalten nach und nach eine Geschichte, die sich an ihren Erfahrungen, ihrem Vorwissen und ihren kreativen Ideen orientiert und somit ihre Motivation, die Zielsprache zu erproben, aufbaut bzw. stärkt.
Es geht nicht um das Abarbeiten eines Lehrwerkkapitels oder den didaktisch und methodisch aufbereiteten Lehrplanstoff, sondern um das kreative Gestalten, Planen, Mitdenken, Hypothesenstellen, Erproben, Erleben, Erfahren, Zusammenfassen und Präsentieren: Es geht um aktives Lernen.
Hier finden die Erkenntnisse der Lernforschung ihre Bestätigung, dass Lernen ein nichtlinearer Prozess ist. Unterschiedliche Begabungen, Lerntypen, Zielsetzungen und Lerndisziplin führen zu Arbeitsschritten, Ergebnisse und Reflexionen der Schüler erbringen ein Ganzes, das zur Visualisierung als Wandfries entwickelt wird. Präsentationen, schriftliche Produkte und Tests bieten die Grundlage für die Bewertung der Arbeit.
Die Leistungserfolge einer Klasse liegen nie unter denen des Frontalunterrichts. Entsprechend ihrer Lernbiografie erreichen bestimmte Schüler auch beim Arbeiten mit der Storyline nur das Minimum des geforderten Standards – aber ihre Einstellung zum Fach ändert sich zum Positiven. Andere Schüler erreichen weit mehr als das angestrebte Lernziel, indem sie ganz selbstverständlich Wörterbücher benutzen, nach Modellvorlagen im Internet surfen und sich in allen Fertigkeiten einbringen. Bei ihrem Tun entwickeln sich Fragen und Hindernisse, die sie selbst zu bearbeiten versuchen. Plötzlich stellt nicht nur der Lehrer Fragen, sondern die Schüler selbst. Auf ihre Fragen gibt es nicht ein automatisches Richtig oder Falsch, sie müssen sich um deren Beantwortung selbst bemühen, sie lernen.
Um die Hauptformen und Lernziele der Storyline-Methode besser verstehen zu können, führen wir hier den tabellarisch zusammengestellten Vergleich, erarbeitet von den Teilnehmern eines Workshops zu Storyline-Verfahren.

Storyline ist:

Storyline ist nicht:

– Storyline ist eine alternative Unterrichtsmethode für den Sprachunterricht
– themenorientiert (in ­Anlehnung an den Lehrplan)
– lernerorientiert
– aufgabenorientiert
– Storyline ist die von engagierten und motivierten Schülern entworfene Geschichte
– Storyline verwendet Elemente aus Drama und Rollenspiel als ganzheitliche Elemente jeder einzelnen einzigartigen Geschichte
– Storyline macht sich kommunikative Methoden des Fremdsprachenunterrichts für den Aufbau einer Geschichte zunutze
– der Lehrer gibt den Handlungsrahmen vor und stellt die einzelnen Episoden vor
– die Schüler stellen eigene Fragen und finden eigene Antworten darauf
– der Lehrer gibt den «roten Faden» vor
– Storyline ist eine Methode für den Sprachunterricht während der problematischen Übergangsphase

– Storyline ist nichts Neues
– Storyline ist nicht grammatikorientiert
– Storyline ist nicht lehrbuchorientiert
– bei Storyline gibt es keine sinnlosen Sprachübungen
– Storyline ist kein vom Lehrer gesteuertes Geschichtenerzählen
– Storyline ist weder Rollenspiel noch Drama für den Fremdsprachenunterricht
– Storyline ist kein herkömmlicher kommunikativer Sprachunterricht
– der Lehrer diktiert die Storyline nicht
– es gibt keine richtigen oder falschen Antworten

 

Der typische Aufbau einer Storyline
Hinführung/Einstieg
Textsorten

Brief, Lied, Gedicht, Bilder...

img12

(Aus: Storyline Approach im Fremdsprachenunterricht.
Creative Dialogues. Comenius Project
112381-CP-1-2003-1-DE-COMENIUS-C21.
2003–2006. Workshop Materials)

Aufgabe 7
Lesen Sie die Informationen über den Storyline-Ansatz durch. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in diesem Ansatz?

 

Der Storyline-Ansatz

Vorteile

Nachteile

 

 

 

Wie plant man eine Storyline?

Was?

Wie? Wodurch?

1. Man wählt ein Thema.

gelenkt durch den Lehrplan und die besonderen Bedürfnisse der SchülerInnen (Lernvoraussetzungen, Lerntypen, Interessen…)

2. Man sucht geeignete Sequenzen/Episoden.

Aufschreiben: Einstieg,  Hauptteil mit Personen, Ereignisse, Mitte, Ende

3. Man plant Aktivitäten zur Entwicklung der Fertigkeiten unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Erfahrungen und Vorkenntnisse

Formulieren von Schlüsselfragen/Impulsen, dabei plant man passende Aufgaben zur Ausbildung aller fremdsprachlichen Kompetenzen

4. Man sucht nach einem motivierenden Einstieg.

Geschichte, Postkarte/Brief, Video, Poster, Spiel, Lied, Gedicht

5. Man organisiert Material oder Quellen.

Suche nach Büchern, Zeitschriften, Katalogen, Wörterbüchern, authentischem Material, Internet

6. Während der Storylinearbeit beobachtet man die Arbeit der SchülerInnen, um aktuelle Defizite/Stärken zu erkennen, angemessen zu reagieren und die nächsten Lernschritte festzulegen

Präsentationen,
Rollenspiele/Dialoge,
Hausaufgaben,
schriftliche Arbeiten,
Kurztests

7. Evaluierung

Verfahren der Selbstevaluation, Portfolioordner, Ausstellungen, Präsentationen

Alle diese Schritte versuchen wir anhand eines konkreten Beispiels, das im Rahmen des europäischen Ausbildungsprogramms «Comenius» ausgearbeitet wurde, zu verfolgen.

Verteilung von Textsorten als Vorbereitung auf eine Geschichte

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Storyline-Entwurf zur Arbeit in der Übergangsphase Primar/Sekundar 1
Einsatzmöglichkeiten für Lerner A1 – A2+

Schlüsselfragen /Impulse

Aktivitäten

Material

Form

Eine Reise machen
Episode 1: Gelenkte Hinführung
Schritt 1: Reiseutensilien

Musik
Bildkarten mit verschiedenen Gegenständen für eine Reise sind im Raum verteilt: «Was kann heute unser Thema sein?»

Schüler gehen zur Musik im Raum umher und betrachten verschiedene Bilder.
Schüler äußern Vermutungen zum neuen Unterrichtsthema.
Schüler wählen eine Karte aus und bringen sie in den Stuhlkreis.

Bildkarten, Koffer, Toilettenartikel,
Kleidung, Reiseunterlagen
(es sollten mehr Bildkarten als Schüler vorhanden sein)

Plenum

Was nimmst du mit?
Was packst du ein?

– Fragekette:
«Ich nehme einen/eine/ein … mit. Und du?»

Bildkarten /Gegenstände
Softball

Stuhlkreis

Aufforderung zum Ge stalten einer gemeinsamen Schatzkiste

Gestalten einer Schatzkiste
an der Tafel bestehend aus: einer Liste der bereits bekannten Wörter und der neuen Wörter: Wortkarten werden den Bildern zugeordnet.

Bildkarten
Wortkarten

Plenum

Festigung

Schüler finden den richtigen Begriff und beschriften Gegenstände.

Schatzkiste
Mindmap Modell

Partner
Einzeln

Evaluations-möglichkei­ten:
– Kurztests
– im Fragespiel

– z. B. Bring ein Kleid.
– Sprechaufgabe
Sie wählen zu einer Person sechs Reisegegenstände aus der vorliegenden Auswahl. Sie müssen ihren jeweiligen Partner befragen, welche Gegenstände diese Person mitnimmt. Packt Tina ein/eine/einen ….ein?
Nimmt Herr Schmidt ein/eine/einen….mit?

 

 

Schritt 2: Reiseziele

Wohin kann man reisen?

Schüler nennen Ideen und nutzen die Deutschland- bzw. Europakarte/Internet
«Man kann nach … fahren.»

Landkarten
www.deutschlandtourismus.de
www.travelia.de
Bilder von verschiedenen Orten
(Strand, Bauernhof, Berge...)
Weitere Texte zur
Didaktisierung:
www.hotelkritiken.de

Plenum

Aufforderung zum
Gestalten einer
gemeinsamen Schatzkiste/
Landkarte

Gestalten der Schatzkiste/eigener Landkarte Deutschlands und Europas
Festigen der Ländernamen und Landschaftsbezeichnungen
Möglichkeiten zum
fächerübergreifenden Arbeiten:
Erdkunde (Hauptstädte/Flaggen...)

 

Plenum
Partner
Einzeln

Wohin möchtest du fahren?

– Kettenübung («Ich möchte nach Italien fahren. Und du?»)
– Blinde Kuh (Benennen zufällig gefundener Reiseziele)

 

Stuhlkreis

Episode 2: Personen
Schritt 1: Einleitung

Lehrer präsentiert zwei Beispielpersonen (Name, Alter, Beruf, Wohnort, Hobbys,…) und ermuntert die Schüler, passende Reiseziele vorzuschlagen
«Das ist Herr.../Frau.... Wohin könnte er/sie fahren?»

Schüler schlagen Reiseziele vor
«Herr.../Frau... könnte ans Meer fahren.»

 

Plenum

Schritt 2: Sich Personen ausdenken

«Wählt euch einen Ort aus und überlegt, welche Person dorthin fahren könnte.»

– Schüler überlegen sich, ob sie alleine oder in einer Gruppe/Familie reisen möchten
– basteln eine Person
– notieren deren Merkmale in einer Personenbeschreibung
– präsentieren ihre Person

Eine Storylinepuppe
Liste mit deutschen
Namen
Personenbeschreibung
Präsentationshilfen
Strukturen

Einzeln/Partner
Gruppe

Episode 3: Ort
Schritt 1: Vorbereitung der Cocktailparty

Lehrer präsentiert erneut eine Person und stellt die Schlüsselfrage: «Wie kommt er/sie dahin?» Lehrer hilft mit Wortmaterial.

– Schüler nennen Verkehrsmittel
– Schüler wählen für ihre Gruppe ein Verkehrsmittel aus: «Ich fahre mit dem Zug… nach Berlin.»

Verkehrsmittel

Plenum
Gruppe

Welche Kleidung nehmt ihr mit?
Wie findet ihr das heraus?

– Schüler entscheiden nach dem Reiseziel und begründen es
– Schüler holen zusätzliche Informationen über das Wetter am Zielort ein (Internet, Bücher, Prospekte)
Ich brauche..., denn ich fahre...
Es ist kalt, warm, heiß, sonnig, regnerisch, frostig

www.wetteronline.de

Plenum
Gruppe
Einzeln

Was möchtet ihr am Zielort machen?
Könnt ihr an eurem Zielort...?
Wie findet ihr das heraus?

Schüler sammeln Ideen
Schüler holen Informationen
über Freizeitmöglichkeiten
am Zielort ein.
Ich möchte ...
Ich fahre nach ... Da kann man ...

Internet, Bücher,
Reiseprospekte
Schatzkiste
Freizeitaktivitäten

Plenum
Gruppe
Einzeln

Schritt 2: Cocktailparty (Evaluation)

Vor der Reise geht ihr auf eine Party.
Was könnt ihr euren Freunden erzählen?

– Schüler sammeln Ideen
– Schüler erarbeiten einen möglichen Dialog
– Schüler präsentieren ihre individuellen Dialoge
–  Cocktail Party:
«Ich fahre (Reiseziel) ...», «Wo liegt das?», «Was willst du dort machen?», «Wie ist das Wetter dort?», «Wie lange bleibst du da?», «Wie kommst du dorthin?», «Wer fährt mit?»

Redemittel

Plenum
Partner

Zusätzliche Aufgabe:
Wie würdest du deiner Freundin/deinem Freund von deinen Urlaubsplänen berichten?

– Telefondialog vorspielen
– E-Mail an Freund/Freundin

 

Plenum
Gruppe
Einzeln

Ausstellung aller erfundenen Personen

Schüler stellen ihre Figuren auf dem Poster einer Cocktailparty aus

Karton, Wand, Buntstifte

Plenum
Gruppe

Festigung

Spiele:
– Schüler beschreiben eine Person aus der Auswahl von Bildern, ihr Partner soll diese Person finden: «Ich sehe was, was du nicht siehst...»
– «Wer ist das? Die Augen sind blau.../Sie ist klein.»
– Schriftliche Personenbeschreibungen in Form einer Kontaktanzeige

Fries

Plenum

Episode 4: Ereignisse

Was kann alles auf der Reise passieren?

Schüler machen Vorschläge zu erfreulichen, traurigen oder spannenden Ereignissen:
1. Ein Koffer geht verloren. Was könnte die Person machen?
2. Gegenstände beschreiben
3. Formulare ausfüllen
4. Probleme am Urlaubsort
Zum Beispiel: Das Zimmer ist zu klein, zu laut; das Bett ist unbequem
5. Mündliche Beschwerde

Plenum

Materialienauswahl zu Storyline «Reisen»

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img16

Dies ist eine Auskunft über:

Vorname...................................................
Familienname..........................................
Alter........................................................
Rolle in der Familie.................................
Beruf........................................................
Wohnort...................................................
Aussehen.................................................
Hobbys....................................................
Das mag ........ nicht ................................
Reiseziel..................................................
Gepäck....................................................

 

Selbstgemachte Storylinefiguren aus dem Projekt

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Aufgabe 8
Überlegen Sie sich, welche Themen für eine Story Sie den Schülern zu Ihrem Lehrwerk anbieten könnten?
Erarbeiten Sie eine Storyline.
Planen Sie zunächst eine kürzere, nicht so komplexe Story, denn Sie und Ihre Schüler brauchen Zeit, sich in dieses Lernverfahren einzuleben.
Sprechen Sie mit Ihren KollegInnen – gemeinsam so einen Plan zu entwickeln ist effektiver und kostet weniger Mühe, aber die ausgearbeitete Story kann relativ lange noch vielen KollegInnen gute Dienste leisten.

 

Wichtige Begriffe

affektiv: аффективный, относящийся к сфере чувств и эмоций
der Approach; der Ansatz: методический подход, частная методика обучения
das Curriculum: учебная программа
die Diffenrenzierungsmöglichkeit: дифференциация (разграничение) возможностей учеников в учебном процессе, когда слабые и сильные могут работать в приемлемом для них темпе и с материалом, который они в состоянии освоить
die Dramapädagogik («Drama in Education» «Process Drama» oder «Structured Drama»): педагогическая драматургия – педагогическая методика, когда в процессе осмысления содержания текста происходит контролируемая учителем попытка вжиться в того или иного героя, понять его чувства и мысли, задать ему (по существу себе) вопросы о причинах его поведения. Не направлена на создание театральной постановки, предназначенной для публики. Здесь важен сам процесс «вживания» юной личности в идею (поставленную учителем), несущую воспитательные задачи.
die Empathie: эмпатия, сопереживание, «вчувствование» – способность понять и принять чувства другого человека; важная психологическая характеристика личности
ganzheitlich: целостный, единый
handlungsorientiert: деятельностный, направленный на осуществление деятельностного подхода
kognitiv: когнитивный, познавательный
die Lernstrategie: умения учиться, универсальные учебные действия
die Storyline: методика обучения через совместное сочинение истории, через единую сюжетную канву урока/серии уроков
die Theaterpädagogik: театральная педагогика – использование форм театра для воспитания и обучения. Как правило, результируется в готовом продукте – постановке, инсценировке.

 

Literatur

  1. Ehlers, Swantje: Lesen als Verstehen. Fernstudienein heit 02. Zum Verstehen fremdsprachlicher literarischer Texte und zu ihrer Didaktik. München: Langenscheidt, 1992. 112 S.
  2. Even, Susanne: Drama Grammatik. Dramapädagogische Ansätze für den Grammatikunterricht Deutsch als Fremdsprache. München: Iudicium, 2003.
  3. JUMA. Das Magazin für junge Deutschlerner weltweit. 2000–2005.
  4. Planet 1. Deutsch für Jugendliche. Hueber Verlag, 2004. 128 Seiten.
  5. Schewe, Manfred: Fremdsprache inszenieren, zur Fundierung einer dramapädagogischen Lehr- und Lernpraxis. Carl von Ossietzky Universität, Oldenburg, 1993.
  6. Sowieso 2. Kursbuch. Deutsch als Fremdsprache für Jugendliche. München: Langenscheidt, 1995. 120 S.
  7. Storyline Approach im Fremdsprachenunterricht. Creative Dialogues. Comenius Project 112381-CP-1-2003-1-DE-COMENIUS-C21. 2003–2006. Workshop Materials.
  8. Team Deutsch 2. Ernst Klett Verlag, 2008. 151 S.
  9. TIPP. Das Lehrerheft zu Juma. 2000–2005.
  10. Wicke, Rainer Ernst: Kontakte knüpfen. Berlin, München: Langenscheidt, 1995.

 

Lösungen

Aufgabe 2
Beispiel 2 ist irrelevant, denn:
– der Text verstärkt die unerwünschte Rivalität zwischen den Jungen und den Mädchen;
– berücksichtigt die biologischen Besonderheiten der Geschlechter nicht: Jungen lesen weltweit weniger, dies soll aber nicht «dumm sein» bedeuten;
– der Text wirkt sehr belehrend: «Gute» Kinder sollten Bücher lesen.

Aufgabe 5

Mögliche Vorteile

Mögliche Nachteile

– Optimale Passung zum Lehrplan
– Möglichkeiten, die Thematik im Curriculum spiralenartig aufzugreifen
– Schülerorientierung
– Realitätsbezug in der Unterrichtsarbeit
– Handlungsbezug der Sprache
– hohe Motivation
– natürliche Differenzierungs­möglichkeiten z. B. durch Beispiele aus der Lerngruppe
– Berücksichtigung aller Lernertypen
– Schaffung eines überschaubaren Arbeitsrahmens
– Entwicklung der vier Fertigkeiten
– Entwicklung von Lernstrategien
– Nutzung der neuen Medien
– Schaffung eines aufgeklärten Lehrer-Schüler-Verhältnisses

– Zeit kann ein Problem sein
– Die Größe der Gruppe wirkt sich im Hinblick auf die geplanten Aktivitäten und die Gruppeneinteilung auf die Organisation des Unterrichts aus
– Die Schüler müssen «am Ball bleiben», um den Erfolg der Storyline nicht zu gefährden

 

Fortsetzung folgt