Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №7/2010

Sonderthema

Robert Walser
Der Lebensweg

«Die Besonderheit Robert Wal­sers als Dichter besteht darin, dass er seine Motive nie ausspricht. Er ist der verdeckteste aller Dichter. Immer geht es ihm gut, immer ist er von allem entzückt. Aber seine Schwärmerei ist kalt, da sie einen Teil seiner Person auslässt, und darum ist sie auch unheimlich.»

Elias Canetti

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Robert Walser als Kind
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Kinderjahre (1878–1892)
Robert Walser wurde am 15. April 1878 als siebtes von acht Kindern in Biel im Kanton Bern geboren. Sein Vater war ein erfolgloser Buchbinder, dem es kaum gelang, den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Mutter Elisa war gemütskrank; immer wieder zog sie sich depressiv für einige Tage aus dem Familienleben zurück, um dann wütend und vorwurfsvoll wieder aus ihrem Zimmer zu kommen. Von ihren Kindern fühlte sie sich gleichermaßen in ihrer Ruhe gestört wie auch vernachlässigt.
Walser wuchs in Biel, das an der deutsch-französischen Sprachgrenze liegt, zweisprachig auf. Er besuchte dort die Primarschule und das Progymnasium, das er, da die Familie den Schulbesuch nicht mehr bezahlen konnte, vor dem Examen verließ. Schon früh war Walser theaterbegeistert; sein Lieblingsstück war Die Räuber von Schiller. Überliefert ist ein Aquarell seines Bruders Karl Walsers, das Robert als Karl Moor zeigt.
Die Stimmung unter den Geschwistern war trotz der finanziellen Lage und des bedenklichen seelischen Zustands der Mutter gut. Die Walser-Kinder waren ein fröhlicher und aufgeweckter Haufen: Kaum jemand stand Robert Walser in seinem Leben so nahe wie sein Bruder Karl und seine Schwester Lisa.

Die Anfänge (1892–1912)
Von 1892 bis 1895 machte Walser eine Lehre bei der Kantonalbank von Bern in Biel. Im Anschluss arbeitete er kurze Zeit in Basel. Walsers Mutter starb 1894, nachdem sie schon länger hatte gepflegt werden müssen. 1895 zog Robert nach Stuttgart, wo sein Bruder Karl lebte.
Dort arbeitete er bei der Union Deutsche Verlagsgesellschaft und beim Verlag Cotta als Bürokraft und versuchte nebenbei Schauspieler zu werden, wozu er bei einer Schauspielerin des Hoftheaters vorsprach – mit niederschmetterndem Ergebnis: Seine darstellerischen Künste waren hölzern und ausdruckslos.
Zu Fuß wanderte er in die Schweiz zurück, wo er sich Ende September 1896 in Zürich anmeldete. In den folgenden Jahren arbeitete Robert Walser häufig – wenn auch unregelmäßig und in rasch wechselnden Anstellungen – als «Kommis», das heißt als Büroangestellter und Schreibkraft. Als einer der ersten deutschsprachigen Autoren führte er das Angestelltendasein in der Folge als Topos in die Literatur ein.
Eines wurde Walser schnell bewusst: Der Broterwerb im Büro und das eigene künstlerische Schaffen waren für ihn nur schwer miteinander vereinbar. Besonders deutlich wird die Frustration des Autors über sein Angestelltendasein in seinem berühmten Stellengesuch, das aus dieser Zeit stammt: «Ich bin ein armer, junger, stellenloser Handelsbeflissener, heiße Wenzel, suche eine geeignete Stelle und erlaube mir hiermit, Sie höflich und artig anzufragen, ob vielleicht in Ihren luftigen, hellen, freundlichen Räumen eine solche frei sei. – Große und schwierige Aufgaben kann ich nicht lösen und Pflichten weitgehender Natur sind zu schwer für meinen Kopf. Ich bin nicht sonderlich klug, und was die Hauptsache ist, ich mag den Verstand nicht gern so sehr anstrengen. Sicherlich gibt es in Ihrem weitverzweigten Institut, das ich mir überreich an Ämtern und Nebenämtern vorstelle, eine Art von Arbeit, die man wie träumend verrichten kann. – Ich bin, um es offen zu sagen, ein Chinese, will sagen, ein Mensch, den alles, was klein und bescheiden ist, schön und lieblich anmutet, und dem alles Große und Vielerforderische fürchterlich und entsetzlich ist.»
1898 wurde eine Reihe von Gedichten Walsers in der Berner Zeitung «Der Bund» veröffent­licht. Franz Blei, dadurch auf ihn aufmerksam geworden, führte ihn 1899 in den vom Jugendstil geprägten Kreis um die Zeitschrift «Die Insel» ein, wo er unter anderen Frank Wedekind, Max Dauthendey und Otto Julius Bierbaum kennenlernte. In der «Insel» erschienen in der Folge Gedichte, Dramolette und einzelne Prosastücke Walsers.
Walsers Hauptwohnsitz – die Zimmer wechselte er sehr häufig – sollte noch bis 1905 Zürich bleiben, wobei er für einige Zeit auch in Thun, Solothurn, Winterthur und München lebte. 1903 absolvierte er die Rekrutenschule und war ab dem Sommer «Gehülfe» eines Ingenieurs und Erfinders in Wädenswil bei Zürich. Diese Episode sollte den Stoff für seinen Roman Der Gehülfe (1908) liefern. 1904 erschien Walsers erstes Buch Fritz Kochers Aufsätze im Insel Verlag.
Im Spätsommer 1905 absolvierte er in Berlin einen Kurs zur Ausbildung als Diener und ließ sich als solcher im Herbst 1905 einige Monate auf Schloss Dambrau in Oberschlesien anstellen. Die Thematik des Dienens wird in der Folge sein Werk durchziehen – besonders ausgeprägt in seinem Roman Jakob von Gunten (1909).

Die Berliner Jahre (1906–1913)
Anfang 1906 ging Robert Walser wieder nach Berlin, wo sein Bruder Karl Walser, der dort schon einige Zeit erfolgreich als Maler, Buchgrafiker und Bühnenbildner lebte, ihm Zugang zu Literaten-, Verleger- und Theaterkreisen eröffnete. Zeitweise arbeitete Walser als Sekretär der Künstlervereinigung Berliner Secession. Unter anderem machte er in dieser Zeit die Bekanntschaft des Verlegers Samuel Fischer und des Industriellen Walther Rathenau.
In Berlin schrieb Walser seine Romane Geschwister Tanner, Der Gehülfe und Jakob von Gunten. Die Bücher wurden im Verlag von Bruno Cassirer veröffentlicht; sein Lektor dort war Christian Morgenstern. Neben den Romanen schrieb er in dieser Zeit zahlreiche Prosastücke, in denen er sprachspielerisch und sehr subjektiv oft aus der Sicht eines ärmlichen Flaneurs populäre Lokale wie beispielsweise «Aschinger» oder die «Gebirgshallen» skizziert. Die Romane und Prosastücke fanden eine sehr positive Aufnahme. Unter anderem priesen Robert Musil und Kurt Tucholsky die Prosa Walsers, und solch unterschiedliche Autoren wie Hermann Hesse und Franz Kafka zählten Walser zu ihren Lieblingsautoren.
Kleine Prosastücke publizierte Robert Walser in großer Zahl in Zeitungen und Zeitschriften. Die­se «kleine Form» sollte zu seinem Markenzeichen werden. Der größte Teil seines umfangreichen Werks besteht aus solchen Prosastücken – literarischen Skizzen, die sich einer genaueren Kategorisierung entziehen. Auswahlen aus diesen Texten wurden auch als Bücher veröffentlicht, so in den Bänden Aufsätze (1913) und Geschichten (1914).

Wieder in der Schweiz (1913–1929)
1913 ging Walser in die Schweiz zurück, wo er anfangs für kurze Zeit bei seiner Schwester Lisa in der Pflegeanstalt für Geisteskranke in Bellelay wohnte, in der sie als Lehrerin arbeitete. Nach einem kurzen Aufenthalt bei seinem Vater in Biel bezog er schließlich daselbst im Juli 1913 eine Mansarde im Hotel «Blaues Kreuz». 1914 starb Walsers Vater.
In Biel schrieb Robert Walser eine Vielzahl von kleinen Prosastücken, die in Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland und der Schweiz erschienen und in Auswahl in den Bänden Kleine Dichtungen (1915), Prosastücke (1917), Kleine Prosa (1917), Poetenleben (1918) und Seeland (1919) gedruckt wurden. Der Spaziergang (1917) ist eine umfangreichere Prosaarbeit, die zunächst selbstständig herauskam (dann überarbeitet in Seeland). Walser, der immer schon ein begeisterter Spaziergänger war, begann in dieser Zeit regelmäßig lange Fußtouren, oft auch Nacht- und geradezu Gewaltmärsche zu unternehmen. In seinen Prosastücken dieser Zeit wechseln sich solche aus der Sicht des Wanderers mit spielerischen Aufsätzen über Schriftsteller und Künstler ab.
Während des Ersten Weltkriegs musste Walser wiederholt Militärdienst leisten. Ende 1916 starb Walsers Bruder Ernst, der einige Zeit schon psychisch erkrankt war, in der Heilanstalt Waldau. 1919 nahm sich Walsers Bruder Hermann, Professor der Geografie in Bern, das Leben. Walser geriet in dieser Zeit, auch da er durch den Krieg von Deutschland weitgehend abgeschnitten war, in die Isolation. Zudem konnte er als freier Schriftsteller, obwohl er eifrig produzierte, kaum leben. Anfang 1921 zog Walser deshalb nach Bern, wo er für einige Monate eine Stellung als Bibliothekar im Staatsarchiv annahm. In Bern lebte er sehr zurückgezogen und wohnte in möblierten Zimmern, die er häufig wechselte.
In der Berner Zeit radikalisierte sich Walsers Stil. In immer stärker verdichteter Form schrieb er «Mikrogramme» (so genannt nach der winzigen, schwer zu entziffernden Bleistiftschrift, die Walser zur Niederschrift benutzte), das heißt Entwürfe zu Gedichten, Prosa­stücken, Szenen und einen ganzen Roman (Der Räuber), von denen er nur einen Teil auch mit der Feder in Reinschrift ausführte, um sie Redaktionen zum Abdruck einzureichen. In diesen Texten verdichtete er seinen sprachspielerisch subjektiven Stil zu noch höherer Abstraktion. Viele Texte dieser Zeit arbeiten auf mehreren Ebenen – sie können sowohl als naiv-verspielte Feuilletons gelesen werden, wie auch als hochkomplexe, anspielungsreiche Montagen. Walser nahm dabei gleichermaßen Einflüsse aus der Hoch- wie auch Trivialliteratur auf und erzählte beispielsweise die Handlung von Bahnhofsromanen nach, jedoch so, dass das – nie genannte – Original nicht mehr wieder zu erkennen war. Ein großer Teil von Walsers Werk entstand in diesen sehr produktiven Jahren in Bern, er fand jedoch nur noch für ein schmales Buch einen Verlag: Die Rose (1925). Die meisten Texte erschienen nur weit verstreut in Zeitungen und Zeitschriften, wenn sie nicht überhaupt unveröffentlicht bei ihm liegen blieben oder verloren gingen, wie ein weiterer Roman namens Theodor. Die in den mikrografischen Bleistiftentwürfen enthaltenen, sonst unbekannten Texte wurden 1985–2000 von Bernhard Echte und Werner Morlang entziffert und in sechs Bänden ediert (Aus dem Bleistiftgebiet). Zuvor hatten daraus Jochen Greven und Martin Jürgens 1972 erst den Räuber-Roman und die Felix-Szenen entziffert und herausgegeben.

Der Lebensabend (1929–1956)
Anfang 1929 begab sich Walser, der schon seit einiger Zeit von Angstzuständen und Halluzinationen geplagt wurde, nach einem geistigen Zusammenbruch auf Rat eines Psychiaters und Drängen seiner Schwester Lisa Walser in die Heilanstalt Waldau bei Bern. In einem Arztprotokoll heißt es: «Der Patient gibt zu, Stimmen zu hören.» Von einer freiwilligen Selbsteinlieferung kann daher vielleicht nicht gesprochen werden. In der Anstalt normalisierte sich Walsers Zustand nach einigen Wochen und er verfasste und publizierte weiter Texte, wenn auch mit Pausen und insgesamt sehr viel weniger als in den vorausgegangenen Jahren. Dabei bediente er sich weiterhin der von ihm als «Bleistiftmethode» bezeichneten Schreibweise: In kleinster Deutschen Kurrentschrift, deren Buchstaben gegen Ende dieser Phase kaum mehr höher als ein Millimeter waren, schrieb er Gedichte und Prosatexte. Allerdings sind nicht viele Entwürfe aus dieser Zeit erhalten, mehr Reinschriften und veröffentlichte Texte. Erst als Walser gegen seinen Willen 1933 in seinen Heimatkanton in die Heil- und Pflegeanstalt Herisau versetzt wurde – und vermutlich auch, weil mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ein wesentlicher Markt zur Veröffentlichung seiner Texte in deutschen Zeitungen und Zeitschriften verschwunden war –, hörte er mit dem Schreiben auf.
In der Heilanstalt Herisau besuchte ihn ab 1936 häufig sein Bewunderer – und späterer Vormund – Carl Seelig, der später in dem Buch Wanderungen mit Robert Walser über seine Gespräche mit Walser aus dieser Zeit berichtet hat. Carl Seelig bemühte sich früh darum, den fast schon vergessenen Robert Walser durch Neuausgaben seiner Werke wieder bekannt zu machen. Nach dem Tod des Bruders Karl (1943) und der Schwester Lisa (1944) übernahm Seelig die Vormundschaft. Walser, der zwar verschroben war, aber schon lange keine Zeichen psychischer Krankheit mehr zeigte, lehnte es in dieser Zeit wiederholt ab, die Anstalt zu verlassen.
Robert Walser liebte lange, einsame Spaziergänge. Am ersten Weihnachtsfeiertag 1956 starb er an einem Herzschlag bei einer Wanderung durch ein Schneefeld, wo er kurz darauf gefunden wurde. Die Fotografien des toten Spaziergängers im Schnee erinnern fast unheimlich an ein ähnliches Bild eines Toten im Schnee aus Robert Walsers erstem Roman Geschwister Tanner.

Werk und Rezeption
Typisch für Robert Walsers Texte ist eine verspielte Heiterkeit, unterlegt jedoch von oft handfesten existenziellen Ängsten. Viele besonders der frühen Werke wirken beim ersten Lesen naiv und verspielt, doch hinter dieser vermeintlichen Einfachheit verbergen sich zum einen sehr moderne, genaue Alltagsbeobachtungen, die andererseits häufig weg von der Realität in eine höchst künstliche, selbstbezogene Form- und Sprachwelt führen. Heute gehören Walsers Texte, die erst ab Mitte der 1960er Jahre vollständig ediert wurden, gerade deshalb zu den wesentlichen Werken der literarischen Moderne. In seiner Sprache finden Anklänge an das Schweizerdeutsche einen charmanten und frischen Ausdruck, während gleichzeitig sehr persönliche Betrachtungen verwoben werden mit «Texten über Texte», das heißt Reflexionen über oder auch Variationen von anderen literarischen Werken. Dabei mischt Walser oft Trivial- mit Hochliteratur.

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Robert Walser
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Grob gesagt lässt sich Walsers Werk in vier «Epochen» unterteilen: Die frühen Werke, die im Umfeld von Jugendstil und Ästhetizismus standen; die vergleichsweise «realistischen» Werke der Berliner Zeit (in der sämtliche zu Lebzeiten Walsers veröffentlichten Romane entstanden); die vordergründig stark auf «Heimatkunst» und Schweizer Sujets zurückgreifenden Schriften der «Bieler Zeit»; und die immer abstrakter, hermetisch werdenden Prosastücke, Gedichte und Dramolette der «Berner Zeit», die dem Umfang nach den größten Teil von Walsers Werk ausmachen.
Was Walser in seinen frühen Gedichten und Prosastücken gelingt, ist es, abgelebte, erstarrte literarische Formen mit einer neuen Perspektive «von unten» (der des kleinen Angestellten, einer Bürokraft – des «Kommis») in Verbindung, in Kontrast zu setzen und so mit neuem Leben zu erfüllen. Walsers frühe Texte – hier ist sich die Kritik einig – gelten als frühe Beispiele einer «Angestelltenliteratur», die das damals noch neue Sujet der «Bürowelt» in die Literatur holt.
Ähnlich verfährt er in Texten wie in den in Fritz Kochers Aufsätzen gesammelten Prosastücken. Abgegriffene Themen, die tausende von Schülern dem Beispiel der Klassiker folgend in Schulaufsätzen abhandeln müssen, greift er, ohne dabei direkt ironisch oder parodistisch vorzugehen, auf – und unterläuft sie durch seine beinah sklavische Verehrung der vorgegebenen Form, seine ganz unironische Art, das noch so platte Thema ernsthaft, persönlich und als wäre es neu behandeln zu wollen: «Es ist schwer, über die Natur zu schreiben, besonders für einen Schüler der
A-Klasse. Über Menschen geht es an: man hat feste Züge. Die Natur aber ist so verschwommen, so fein, so ungreifbar, so unendlich. Dennoch versuche ich es. Ich liebe es, mich mit dem Schweren herumzubalgen. Nichts ist unmöglich, habe ich schon irgendwo sagen gehört.» (Die Natur, 1902) Hier zeichnen sich bereits Charakteristiken ab, die Walsers gesamtes Werk durchziehen: Bescheidenheit, Unterwürfigkeit, die jedoch so halsstarrig ist, dass sie das, dem sie sich zu unterwerfen vorgibt, gerade umso mehr untergräbt.
In der Berliner Zeit entstanden nicht nur seine Romane Geschwister Tanner, Der Gehülfe und Jakob von Gunten, sondern auch zahlreiche, in großen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte Prosastücke, die das Leben im wilhelminischen Berlin aus der Sicht von unten, der Sicht eines kleinbürgerlichen Müßiggängers schildern: «Wenn einer den Mund gerade voll hat, so sehn zu gleicher Zeit seine Augen einen, der mit Hereinschieben betätigt ist, an. Und die Leute lachen nicht einmal, auch ich nicht. Seit ich in Berlin bin, habe ich mir abgewöhnt, das Menschliche lächerlich zu finden.» (Aschinger, 1908)
Dieser «Realismus» findet sich am deutlichsten im Roman Der Gehülfe. In anderen Texten jedoch, allen voran Jakob von Gunten, verwandelt sich diese realistische Welt, ohne deshalb romantisch oder märchenhaft zu werden, in ein unbegreifliches Monstrum, das, mit allen banalen Details des Alltags versehen, doch gerade deswegen ein noch größeres, ganz und gar undurchdringliches Rätsel aufwirft. Nicht ohne Grund bewunderte Franz Kafka, dessen frühe Texte ähnlich funktionieren, besonders Walsers Arbeiten aus dieser Zeit.
Walser, der vielleicht mit Ausnahme seiner frühen Jahre im Umkreis der Zeitschrift «Die Insel» nie einer literarischen Schule, Gruppe oder Richtung angehörte, war vor dem Ersten Weltkrieg und auch noch in den 1920er Jahren ein angesehener, viel veröffentlichter Autor, zuletzt freilich fast nur noch als Feuilletonist. In den 1930er Jahren geriet er jedoch zumal in Deutschland schnell in Vergessenheit, woran auch Carl Seeligs Editionen, die in der Schweiz erschienen und fast nur dort beachtet wurden, wenig änderten.
Robert Walser wurde erst ab den 1970er Jahren in breiterem Umfang wiederentdeckt, obwohl Christian Morgenstern, Robert Musil, Kurt Tucholsky, Franz Kafka, Walter Benjamin und Hermann Hesse zu seinen großen Bewunderern gehört hatten. Seither sind fast alle seine Schriften durch eine umfangreiche Werkausgabe und die Edition der späten Entwurfmanuskripte zugänglich gemacht worden. Walsers Wirkung auf so unterschiedliche zeitgenössische Autoren wie beispielsweise Martin Walser, Peter Handke, Elfriede Jelinek u. a. ist bedeutend.
Es existiert seit 1996 eine Robert-Walser-Gesellschaft mit Sitz in Zürich, wo sich auch das Robert-Walser-Archiv befindet, das von der Robert-Walser-Stiftung Zürich (früher: Carl-Seelig-Stiftung) getragen wird. In seiner Heimatstadt Biel wurde 1978 die Stiftung Robert Walser Biel/Bienne gegründet, die den Robert-Walser-Preis verleiht.

Der Text ist entnommen aus:
http://de.wikipedia.org
http://www.xlibris.de