Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №23/2008

Sonderthema

Hintergrundinformationen

Die Münchner Räterepublik
Kurt Eisner von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD), seit Beginn der Revolution von 1918/19 Regierungschef des Freistaats Bayern, hatte im Januar 1919 bei den Landtagswahlen eine verheerende Niederlage erlitten. Kurz vor der Bekanntgabe seines Rücktritts wurde er am 21. Februar von einem Rechtsradikalen erschossen. Am 17. März wählte der bayerische Landtag eine neue, von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) geführte Landesregierung. Vom Vorbild der in Ungarn errichteten Räterepublik angespornt, riefen jedoch die USPD-Mitglieder des von den Münchner Arbeiter- und Soldatenräten eingesetzten Zentralrats am 7. April die Münchner Räterepublik aus. Zum Schutz der Räterepublik, deren Macht kaum über die Stadtgrenzen Münchens hinaus­reichte, stellte der Zentralrat eine Rote Armee auf.
Die Regierung unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann (1867–1930) wich nach Bamberg aus und versuchte, das Räteregime am 13. April durch einen Angriff der Republikanischen Soldatenwehr zu stürzen. Als dieser Angriff am Widerstand der Roten Armee gescheitert war, trat die Münchner Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) an die Spitze der Räterepublik. Ein weiterer Machtwechsel erfolgte am 27. April zugunsten des gemäßigten Führers der USPD Ernst Toller, der angesichts der katastrophalen Ernährungslage in München auf Verhandlungen mit der Regierung Hoffmann drängte. Hoffmann lehnte jedoch jeden Kompromiss ab. Stattdessen rückten am 1. Mai 1919 unter erbitterter Gegenwehr der Roten Armee Freikorps, für die insbesondere Franz Ritter von Epp Freiwillige sammelte, in München ein, wo tags zuvor zehn rechtsstehende «Geiseln» – Mitglieder der deutsch-völkischen Thulegesellschaft – brutal ermordet worden waren. Die Rache der Freikorps war grausam, ihrem Einmarsch fielen 335 Zivilisten zum Opfer, die man zum Teil irrtümlich für Kommunisten gehalten hatte. Insgesamt forderten die Kampfhandlungen bis zur Niederschlagung der Räterepublik am 3. Mai 1919 über 600 Tote.
Neben Eisner, Toller und Erich Mühsam waren im Frühjahr 1919 auch andere Protagonisten der Linken jüdischer Herkunft gewesen. Das führte nach der Niederschlagung der Räterepublik in München weit mehr als in einer anderen deutschen Großstadt zu einer Welle von wüstem Antisemitismus, der das Schreckbild des «jüdischen Bolschewisten» ausmalte.

Erwin Piscator (1893–1966),
deutscher Regisseur und Theaterleiter. Piscator, der versuchte, die Bühne zur politischen Anstalt zu machen, gehört zu den bedeutendsten Regisseuren des 20. Jahrhunderts.
Er wurde am 17. Dezember 1893 in Ulm geboren und begann als Schauspieler am Hoftheater München (1914). Durch die Erfahrung des 1. Weltkrieges wurde er zum engagierten Pazifisten und Sozialisten. 1919 übernahm er die Leitung der Bühne «Tribunal», die vorwiegend expressionistische Stücke zur Aufführung brachte. 1920 gründete Piscator in Berlin sein erstes agitatorisches Proletarisches Theater. Im Auftrag der KPD inszenierte er politische Revuen (Revue Roter Rummel und Trotz alledem!). Er arbeitete als Regisseur an der Berliner Volksbühne (1924–1927) und am Theater am Nollendorfplatz (1927/1928). Zu seinen Mitarbeitern gehörte auch Bertolt Brecht. Piscators Inszenierungen zeichnen sich vor allem durch technische Neuerungen aus. Auf der sogenannten Piscatorbühne, einer Etagenbühne, auf der sich zeitgleiches Geschehen parallel darstellen ließ, wurden z. B. Filmprojektionen mit einbezogen. Wichtige Aufführungen dieser Zeit, die durch Dynamisierung das Geschehen emotional nacherlebbar machen sollten (ein Gedanken, den Brecht ablehnte), waren Alfons Paquets Sturmflut, Maxim Gorkis Nachtasyl und Friedrich Schillers revolutionär ausgedeutete Räuber, wo einer der Darsteller mit der Maske Trotzkis auftrat (u. a. wegen dieser Inszenierung wurde Piscator später bei der Volksbühne entlassen). Aufsehenerregend waren auch seine Interpretationen von Alexej Tolstois Rasputin mit einem gewaltigen, drehbaren Globus, der aufklappbar war und verschiedene Spielebenen freigab (1927), oder von Jaroslav Hašeks Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk, zu der Piscator einen Trickfilm nach Zeichnungen von George Grosz laufen ließ. Seine Auffassung vom Theater als Forum zur Bildung eines politischen Bewusstseins stellte er in seiner Abhandlung über Das politische Theater (1929) dar.
Zwischen 1931 und 1936 lebte Piscator in der Sowjet­union, danach in Frankreich (bis 1939) und später in den USA. 1951 kehrte er in die Bundesrepublik zurück. Als Direktor der Freien Volksbühne Berlin (1962–1966) inszenierte er eine Reihe von Uraufführungen, so von dem umstrittenen Geschichtsdrama Der Stellvertreter von Rolf Hochhuth (1963) und dem Dokumentardrama Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen (1965) von Peter Weiss. Piscator starb am 30. März 1966 in Starnberg.

Kurt Eisner (1867–1919),
deutscher Publizist und Politiker, geboren in Berlin. Eisner studierte Philosophie und Germanistik und war anschließend als Journalist tätig. Er schloss sich zunächst dem «Nationalsozialen Verein» Friedrich Naumanns an, wechselte aber bald zur SPD. 1898 wurde er Redakteur des sozialdemokratischen Organs «Vorwärts», wurde 1905 unter dem Vorwurf des Revisionismus entlassen und lebte ab 1910 als freier Schriftsteller in München. 1917 schloss er sich der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) an. Im Januar 1918 führend am Streik der Rüstungsarbeiter beteiligt, wurde er verhaftet und erst im Oktober 1918 wieder freigelassen. In der Novemberrevolution hatte er entscheidenden Anteil am Sturz der Monarchie in Bayern und proklamierte an der Spitze des Münchner Arbeiter- und Soldatenrates am 7. November 1918 in München den Freistaat Bayern. Als Ministerpräsident von Bayern (seit 8. November 1918) versuchte er dort ein parlamentarisch fundiertes Rätesystem aufzubauen. Nachdem seine Partei bei den Landtagswahlen im Januar 1919, die den bürgerlichen Parteien die Mehrheit brachte, nur drei von 180 Sitzen gewonnen hatte, wurde Eisner am 21. Februar 1919 auf dem Weg zur Eröffnung des neu gewählten Landtages in München von Anton Graf Arco ermordet. Sein Tod führte schließlich zur Ausrufung der Räterepublik in München.

Max Weber (1864–1920),
deutscher Volkswirtschaftler und Wirtschaftsgeschichtler, bekannt vor allem wegen systematischer Schriften zur politischen Soziologie und zur Entwicklung des Kapitalismus und der Bürokratie.
Weber wurde am 21. April 1864 in Erfurt geboren und studierte an den Universitäten von Heidelberg, Straßburg, Berlin und Göttingen. Danach war er 1893 zunächst als Professor für Handelsrecht in Berlin, dann als Professor für Nationalökonomie in Freiburg im Breisgau (ab 1894) und Heidelberg (1897) beschäftigt. Anschließend (1919) war Weber bis zu seinem Tod Professor in München. Ab 1903 gab er zeitweilig die Zeitschrift «Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik» heraus.
Als Reaktion auf die marxistische Theorie des ökonomischen Determinismus bezog Weber in seine wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen die gesellschaftliche und religiöse Entwicklung mit ein. Durch geschichtliche Studien suchte er so zu belegen, dass in der Geschichte Ursache und Wirkung nicht allein von ökonomischen Gesichtspunkten bestimmt werden. In einem seiner bekanntesten Werke, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1905), stellte er den Zusammenhang zwischen calvinistisch geprägter Lebensführung und kapitalistischer Weltsicht heraus. Bedeutung erlangte Weber vor allem auch durch seine begrifflich differenzierte «soziologische Kategorienlehre» (in seinem soziologischen Hauptwerk Wirtschaft und Gesellschaft, 1921/1922) und durch seine Herrschaftslehre.