Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №9/2008

Sonderthema

Max Frisch: Der Lebensweg

Der gebürtige Schweizer Max Frisch zählt neben Friedrich Dürrenmatt nicht nur zu den bekanntesten modernen Schriftstellern seines Heimatlandes, sondern gehört seit den 1940er Jahren auch zu den bedeutendsten Vertretern der deutschsprachigen Literatur. Seine Romane Homo faber und Stiller sind bis heute fester Bestandteil des gymnasialen Deutschunterrichts. Mit seinem 1950 veröffentlichten Tagebuch 1946–1949, das viele als Frischs eigentliches Hauptwerk ansehen, verhalf er der deutschsprachigen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zum Anschluss an das europäische Niveau. Im Mittelpunkt seines künstlerischen Interesses stand der Einzelne, das Individuum mit seinem Identitätsproblem, seiner Selbstentfremdung und seiner zwiespältigen gesellschaftlichen Bindung. Diese Hauptthemen präsentierte Frisch durch die Brille eines skeptischen, keinen Konventionen folgenden Humanismus.

In seinem mehr als 40-jährigen Schaffen entwickelte sich der Schriftsteller zu einem stets unterhaltsamen, aufrichtigen Mahner, der trotz Anfeindungen von außen sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich unbeirrt an seinen Anschauungen festhielt. Seine anfangs eher naive Sichtweise auf Politik wie auf Literatur und Kunst wandelte sich durch die beständige Auseinandersetzung mit seinem privaten und beruflichen Leben zu politischer Selbstständigkeit und Kritikfähigkeit. Doch trotz seines engagierten Auftretens ließ sich Frisch vor keinen Wagen spannen und blieb zeitlebens ein politischer Einzelkämpfer. Während in seinen Romanen und Dramen der private Mensch deutlich im Vordergrund steht, nahm der Schriftsteller in seinen Artikeln, Essays und Reden immer wieder Stellung zum aktuellen Zeitgeschehen und setzte sich u. a. mit den Themen Kalter Krieg, Schweizer Asylpolitik und der Gastarbeiterproblematik auseinander. Trotz seiner öffentlich gemachten Sympathie für die SPD-Politiker Willy Brandt und Helmut Schmidt war er kein Parteigänger, kein Agitator, sondern verstand sich vielmehr als kritisch begleitender Intellektueller und aktiver Künstler.

Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren. Er entstammte einer Familie von Einwanderern kleinbürgerlicher Herkunft, die aus wirtschaftlicher Not in die Schweiz kamen. Sein Vater, der sich autodidaktisch zum Architekten ausgebildet hatte, musste sich während des Ersten Weltkriegs als kleiner Makler durchschlagen, sodass das Familienleben durch finanzielle Nöte belastet war. Während Frisch sein Verhältnis zur Mutter als große Nähe empfand, bezeichnete er seine Beziehung zum Vater als «Gefühlslücke». Die Beschäftigung mit Literatur und Kunst wurde zunächst durch die große Leidenschaft Fußball verdrängt: Max wollte als Erwachsener unbedingt Fußballtorwart werden. Erst mit seinem Eintritt ins Realgymnasium 1924 und mit seiner Freundschaft zu Werner Coninx, einem Sprössling aus einer großbürgerlichen, vermögenden Familie, änderten sich seine Interessen. Er bekam erste Einblicke in die Welt der Philosophie, in die Kunst, Musik und Literatur. Der Schüler schrieb erste Bühnenstücke, die jedoch nicht erhalten geblieben sind.

Nach dem Abitur absolvierte Frisch eine Rekrutenausbildung in Thun, lehnte die ihm angebotene Offizierslaufbahn jedoch ab. Aus dem Wunsch heraus, Schriftsteller zu werden, entschied er sich für ein Studium der Germanistik. Obwohl sich dieses schnell als Verlegenheitslösung entpuppte, gaben ihm Professoren und Dozenten wie Robert Faesi oder Walter Muschg wichtige Anregungen für seinen weiteren Weg. In den 1930er Jahren vertrat Max Frisch eine eher unpolitische Haltung: Die Literatur und das Literarische blieben für ihn von der Politik abgehoben. Stattdessen stellte er den Menschen und seine psychische Verfassung, seine Probleme und Eigenarten in den Vordergrund seines Interesses.

Als 1932 der Vater unerwartet starb, lastete ein enormer Schuldenberg auf der Familie. Aus der finanziellen Notlage heraus brach der 21-Jährige sein Germanistikstudium ab und bemühte sich, als Journalist Fuß zu fassen. Aufbauend auf seine freie Mitarbeit bei der «Neuen Zürcher Zeitung» veröffentlichte er in verschiedenen deutschsprachigen Feuilletons. Es entstanden kleinere Skizzen, Landschaftsbeschreibungen, Buchbesprechungen, aber auch kurze stark autobiografisch geprägte Erzählungen.

1933 brach Frisch zu einer ersten größeren Auslandsreise auf, die ihn u. a. auf den Balkan und nach Griechenland führte. Dieser Reise sollten in den späteren Jahren zahlreiche weitere folgen, denn Frisch diente das Reisen stets als Erweiterung seines Horizonts. So prägten seine Reiseerlebnisse auch seinen ersten Roman. Im Mittelpunkt des 1934 unter dem Titel Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt erschienenen Werks steht ein junger Schweizer Journalist, der auf Reisen geht. 1936 entschied sich Frisch gegen eine dichterische Laufbahn und begann mithilfe eines Mäzens ein Architekturstudium, das er 1941 beendete. Mit dieser Wende verbrannte er nahezu alle bislang verfassten Werke, sodass heute kaum noch etwas aus dieser Zeit überliefert ist. Ganz gab der Architekturstudent das Schreiben jedoch nicht auf: Während des Krieges entstanden nämlich die Blätter aus dem Brotsack, die sich vorwiegend als Reflexionen über das Soldatenleben präsentieren.

1942 eröffnete Frisch in Zürich ein eigenes Architekturbüro und heiratete Gertrud von Meyenburg. Seine aus einer namhaften großbürgerlichen Familie stammende Ehefrau ermöglichte ihm einen sozialen Karrieresprung. Überhaupt stellte Frisch später diese Phase seines Lebens als bewusste Entscheidung für ein «bürgerliches Leben» dar, das es ihm ermöglichte, endlich dazuzugehören. 1943, 1944 und 1949 wurden die gemeinsamen drei Kinder geboren. Die Diskrepanz zwischen bürgerlicher und künstlerischer Existenz blieb jedoch für den Schriftsteller zeitlebens ein prägendes Thema. Bereits 1944 griff er in seinem Roman J’adore ce qui me brûle oder Die Schwierigen diesen Zwiespalt auf. Und auch er selbst begann bald mit seinem Leben als Architekt, Ehemann und Familienvater zu hadern. Er näherte sich immer mehr der Künstlerrolle an und nutzte jede freie Minute, um zu schreiben. 1944 wurde Santa Cruz veröffentlicht, ein Drama, das ein ausweglos unglückliches Eheleben in den Mittelpunkt stellt. Etwa zur gleichen Zeit erschien die erste längere Ich-Erzählung Bin oder Die Reise nach Peking. Frischs Kriegsdrama Nun singen sie wieder wurde als erstes seiner Theaterstücke 1945 in Zürich uraufgeführt und war kurz darauf auch in München und Hamburg auf der Bühne zu sehen.

1947 kam es zur ersten Begegnung mit Bertolt Brecht: Obwohl sich Frischs politische Positionen von denen des orthodoxen Marxisten Brecht um einiges unterschieden, hegte der Schweizer große Bewunderung für die geistige Beweglichkeit seines Kollegen, der für die gesellschaftliche Verantwortung des Schriftstellers steht. Auch wenn Brecht als Vorbild für Frischs weitere literarische Entwicklung gewertet werden kann und sich in dessen Dramen Andorra und Biedermann und die Brandstifter deutliche Brechtspuren zeigen, kann Frisch doch nicht als «Brecht-Schüler» bezeichnet werden. Zu groß war seine Skepsis gegenüber Brechts Theorie von der gesellschaftsverändernden Wirkung von Theater.

Ab 1950 galt Max Frisch als einer der wichtigsten Vertreter der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur und wurde einer der ersten Autoren des 1950 gegründeten Suhrkamp Verlags. In seinem Tagebuch 1946–1949, das erst mit der Nachauflage 1958 zum großen Erfolg wurde, fand Frisch sein Selbstverständnis als Autor. Von der Form her ein spannungsreiches Gefüge aus Fakten und fiktiven Elementen greift es auf Frischs auf den Auslandsreisen 1946–1949 gemachte Erfahrungen zurück. Das Tagebuch setzt sich mit der Verantwortung des Einzelnen auseinander und reflektiert gleichzeitig über die Aufgaben eines Schriftstellers. Außerdem bietet es bereits Entwürfe seiner späteren Arbeiten.

1954 trennte sich Frisch von Ehefrau und Kindern und gab seinen Architektenberuf endgültig für die Schriftstellerei auf. Sein Roman Stiller machte den Schweizer 1954 überall bekannt. Der drei Jahre später folgende Homo faber wurde bereits in über 40 Sprachen übersetzt. 1958 wurde Frisch als erster nicht in Deutschland lebender Autor mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Privat lebte Frisch 1958–1962 mit der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann zusammen. Die leidenschaftliche, aber wohl auch zermürbende Beziehung, die Frisch als die wohl wichtigste Erfahrung seines Lebens bezeichnete, hat in den Werken beider Künstler tiefe Spuren hinterlassen. Frischs 1964 erschienener Roman Mein Name sei Gantenbein, der das Scheitern einer Ehe zum Thema hat, kann als Reflexion auf die Zeit mit Ingeborg Bachmann gewertet werden.

Als Dramatiker bis dahin im Vergleich zu seinen Romanen weniger erfolgreich, schaffte Frisch mit seiner Parabel Biedermann und die Brandstifter 1958 den Sprung auf die internationalen Bühnen. Auch Andorra, die 1961 uraufgeführte Parabel um Diskriminierung und ihre Folgen, fand große Beachtung. Allerdings wurden beide Stücke in Frischs Augen von Kritik und Publikum missinterpretiert bzw. zur Untermauerung von bestimmten Positionen instrumentalisiert, weshalb der Autor von der Form der Parabel abkehrte. Als das Dokumentartheater Ende der 1960er Jahre immer weiter an Boden gewann, zog sich Frisch von der Bühne zurück. 1968 heiratete er die 28 Jahre jüngere Marianne Oellers, die Ehe hielt elf Jahre. Ab 1972 lebte Frisch vorwiegend in Berlin, wo er u. a. Kontakt pflegte mit Christa und Gerhard Wolf, Jurek Becker und Günther Kunert sowie mit seinen bewährten Freunden Günter Grass und Uwe Johnson.

1975 erschien Montauk, Frischs autobiografischstes Werk. Seine späten Arbeiten Triptychon, Der Mensch erscheint im Holozän und Blaubart konzentrieren sich auf existentielle Fragestellungen um Alter und Tod und zeigen eine eher resignative und pessimistische Grundstimmung. 1983 kehrte Max Frisch endgültig in die Schweiz zurück. Hier starb er am 4. April 1991 kurz vor seinem 80. Geburtstag an einem Krebsleiden.

Der Text ist entnommen aus: http://www.xlibris.de/Autoren/Frisch/Biographie