Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №24/2007

Sonderthema

Gustaf Gründgens – Schauspieler, Regisseur, Theaterintendant

Gustaf Gründgens wird am 22. Dezember 1899 in Düsseldorf-Oberkassel als Sohn des kaufmännischen Angestellten Arnold Gründgens und seiner Frau Emmy geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums und eines katholischen Internats in Mayen (Eifel) dient er 1916 als Kriegsfreiwilliger an der Westfront, ein Jahr später ist er Mitglied der Fronttheatergruppe Saarlouis. 1918 ist er Leiter des Fronttheaters, das nach Thale im Harz verlegt wird und nach Kriegsende in Bergtheater Thale umbenannt wird.

1919 nimmt Gründgens als zahlender Schüler Unterricht an der Hochschule für Bühnenkunst des Düsseldorfer Schauspielhauses. Er erhält erste Rollen, gibt Vortragsabende und Gastspiele an der städtischen Freilichtbühne. 1920 ist er an den Städtischen Bühnen in Halberstadt engagiert, übernimmt dort auch die Regie bei Tanztheaterstücken.

Nach einem Engagement an den Städtischen Bühnen in Kiel (1921) geht er 1922 ans Theater in der Kommandantenstraße, Berlin.

Gustaf Gründgens 1923 holt ihn Erich Ziegel an die Kammerspiele nach Hamburg, wo er in den nächsten fünf Jahren 71 Rollen übernimmt und bei 32 Inszenierungen Regie führt. Er erarbeitet sich ein breites Repertoire, von klassischen Dramen über Konversationsstücke bis zur zeitgenössischen Dramatik (Frank Wedekind, Carl Sternheim, Georg Kaiser). 1924 debütiert er als Regisseur, u. a. inszeniert er die Zweitaufführung von Klaus Manns Anja und Esther und 1927 die Uraufführung von Manns Revue zu Vieren. In beiden Stücken spielt Gründgens mit Erika und Klaus Mann sowie Pamela Wedekind die Hauptrollen. Im Juli 1926 heiratet Gründgens Erika Mann (die Ehe wird am 9. Januar 1929 geschieden).

1928 geht Gründgens zu Max Reinhardt ans Deutsche Theater in Berlin, wo er bis 1933 auftritt und oft auch selbst Regie führt. 1929 folgt die erste Opernregie bei Mozarts Die Hochzeit des Figaro unter der musikalischen Leitung von Otto Klemperer, daneben hat er Kabarett-Auftritte mit Erika Mann, Grethe Weiser und Ernst Busch in der Nelson-Revue. Im selben Jahr beginnt er auch beim Film zu arbeiten.

Durch seine Theaterarbeit ist er auf zwielichtige Charaktere festgelegt, in den Gesellschaftskomödien spielt er häufig Verführer, elegant-zynische Lebemänner, Hochstapler und Erpresser – Rollen, die auch beim Film beliebt sind. Den Ganovenanführer «Schränker» in Fritz Langs Tonfilm-Meisterwerk M – eine Stadt sucht einen Mörder (1931) gestaltet Gründgens mit manieriert-glatter, eleganter Brutalität und großer krimineller Energie. Dennoch strahlt ein Stück der Komik seiner Untergebenen auch auf ihn ab. Verschlossen, stur auf die eigene Ehre bedacht und von kalter Grausamkeit ist auch Gründgens’ Baron Eggersdorff in Max Opühls’ Schnitzler-Adaption Liebelei (1933).

1932 wechselt er an das Preußische Staatstheater. Seine erste Rolle ist Mephisto in Lothar Müthels Inszenierung von Goethes Faust. Hier entwickelt er die klassische schwarz-weiße Maske, die man heutzutage mit dem Begriff «Mephisto» identifiziert.

Gustaf Gründgens als Wallenstein. Düsseldorf, 11. September 1953Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 bleibt Gründgens in Deutschland und steigt im NS-Reich auf der Karriereleiter nach oben. 1934 wird er Intendant des Staatlichen Schauspielhauses und Staatsschauspieler. Am Tag der Verhaftung Ernst Röhms, 29. Juni 1934, wandte er sich an seinen obersten Dienstherrn Hermann Göring mit der Bitte um Entlassung als Leiter des Schauspielhauses. Göring nahm das Rücktrittsgesuch aber nicht an. Stattdessen war Gründgens von 1937 bis 1945 Generalintendant des Preußischen Staatstheaters und machte sich zu Nutze, dass Hermann Göring als Preußischer Ministerpräsident das Theater dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels, dem alle übrigen Theater unterstellt waren, zu entziehen wusste. Göring ernannte Gründgens zum Preußischen Staatsrat, nach Angaben von Gründgens, um eine Verhaftung – z. B. auf Geheiß von Goebbels – von der Zustimmung des Preußischen Ministerpräsidenten (Göring) abhängig zu machen.

1936 heiratet Gründgens die Schauspielerin Marianne Hoppe (die Ehe wird 1946 geschieden). Im selben Jahr erscheint im Amsterdamer Exil erstmals Klaus Manns Mephisto. Roman einer Karriere. Obwohl Mann stets geleugnet hat, dass seine Hauptfigur die Person seines Ex-Schwagers Gustaf Gründgens meint, gilt der Roman als Schlüsseltext für das Verhältnis des Künstlers zum totalitären Staat im Dritten Reich. Der Roman wurde seit 1966 auf Antrag von Gründgens’ Adoptivsohn Peter Gorski in Deutschland gerichtlich verboten. 1980/81wurde der Roman von István Szabó unter dem Titel Mephisto mit Klaus Maria Brandauer verfilmt. Das Verbot ist bis heute rechtsgültig, wurde jedoch durch die 1981 im Rowohlt Verlag erschienene Taschenbuchausgabe faktisch aufgehoben.

Gustaf Gründgens als General in dem Theaterstück Marschlied von John Whiting. Düsseldorf, 1954Unter dem Generalintendanten des Preußischen Staatstheaters Gründgens steht die deutsche Klassik an erster Stelle auf dem Spielplan. Beim Film wird Gründgens nun öfter auch als positive männliche Figur besetzt, bleibt dort jedoch weniger wirkungsvoll. 1938 übernimmt er bei der Terra Filmkunst GmbH eine eigene Herstellungsgruppe. Temperamentvoll und temporeich agiert er in Hans Steinhoffs Tanz auf dem Vulkan (1938), der als einer der regimekritischsten Filme der nationalsozialistischen Zeit gilt. Daneben spielt er, ebenfalls unter Hans Steinhoff, in historischen Epen (Das Mädchen Johanna, 1935) und Propagandafilmen (Ohm Krüger, 1941). Er führt Regie bei der Fliegerkomödie Capriolen und inszeniert mit Der Schritt vom Wege (1938, mit Marianne Hoppe in der Hauptrolle) eine vielbeachtete Adaption von Fontanes Roman Effi Briest. Der Film Zwei Welten, den Gründgens mit Nachwuchsschauspielern 1939 inszeniert, erzählt mit deutlich didaktisch-propagandistischer Grundierung vom Ernteeinsatz zweier Jungen aus der Stadt auf einem Gut, in dem sich nahezu wilhelminische Sitten erhalten haben. Die beiden Jungen bringen Schwung und neues Leben in die veraltete Wirtschaft.

1938 und 1941 folgen Operninszenierungen in Wien und Berlin. Die Neuinszenierung des Faust 1941 in Berlin wird Gründgens’ persönlicher Triumph. Auch in Faust – Der Tragödie zweiter Teil verkörpert er im darauffolgenden Jahr den Mephisto.

Gustaf Gründgens bei seiner Antrittsrede als Intendant des Hamburger Schauspielhauses. Hamburg, 1955 Genial in der Verkörperung des Mephisto: Gustaf Gründgens

1942 ist Gründgens bei der Truppenbetreuung in Norwegen tätig, 1943 ist er Gefreiter in der Ersatzabteilung Division Hermann Göring und zeitweilig in den Niederlanden stationiert, das Kriegsende erlebt er in Berlin.

1945/46 verbringt Gründgens neun Monate in einem sowjetischen Internierungslager. Im Rahmen der Entnazifizierung wurde er von vielen Kollegen entlastet und entlastete seinerseits unter vielen auch die Schauspielerin Emmy Sonnemann, die Witwe Hermann Görings. Ausschlaggebend für seine Entlassung aus der Haft war die intensive Bemühung Ernst Buschs, den Gründgens während des Zweiten Weltkriegs durch seine Intervention bei Göring vor dem Galgen gerettet hatte, sowie auch etlicher anderer Schauspieler und Mitarbeiter, die sich persönlich und/oder schriftlich für ihn einsetzten.

Der aus dem Moskauer Exil zurückgekehrte Regisseur Gustav von Wangenheim holt Gründgens ans Deutsche Theater in Berlin. Bereits im Mai 1946 spielt Gründgens den Christian Maske in Carl Sternheims Der Snob. Von 1947 bis 1951 ist Gustaf Gründgens Generalintendant der Städtischen Bühnen Düsseldorf, 1951–1955 Geschäftsführer des Düsseldorfer Schauspielhauses. Auf dem Spielplan stehen hier neben repräsentativen Klassiker-Aufführungen deutschsprachige Erstaufführungen moderner Autoren wie Arthur Miller, T.S. Eliot, Jean Cocteau u. a.

Ab 1955 ist er Generalintendant des Deutschen Schauspielhauses Hamburg, das er auf den Höhepunkt seines Ruhmes führte, und wo er viel beachtete klassische und moderne Inszenierungen zeigte, eine hohe Sprechkultur pflegte und bedeutende Schauspielerinnen und Schauspieler prägte und um sich sammelte. Er inszeniert u. a. Stücke von Hans Henny Jahnn und Bertolt Brecht. Mit der Produktion Faust I (1957) gastiert Gründgens 1959 in Moskau und gibt mit ihr 1961 ein weiteres Gastspiel in New York.

1960 adaptiert Gründgens seine Hamburger Faust-Inszenierung für den Film mit Will Quadflieg als Faust und sich selbst in der Rolle des Mephisto, in der Maske, die sich seit den 1930er Jahren nicht verändert hat. Dieser auch im Fernsehen gezeigte Film wird ein großer Publikumserfolg.

Erika Mann Marianne Hoppe

Zum Sommer 1963 beendet Gründgens überraschend seine Intendanz am Deutschen Schauspielhaus und begibt sich auf eine Weltreise. In der Nacht vom 6. zum 7. Oktober 1963 stirbt er in Manila auf den Philippinen an einer Magenblutung, die von einer Überdosis Schlaftabletten ausgelöst wurde; ob es Suizid oder ein Unfall war, wurde nie eindeutig geklärt.

Sein diesbezügliches Vermächtnis schrieb er auf einen Briefumschlag: «Ich glaube, ich habe zu viele Schlafmittel genommen, ich fühle mich etwas komisch, lass mich ausschlafen.» Marianne Hoppe hat später sinngemäß erklärt: «Es kann nur ein Unfall gewesen sein. Hätte er sich wissentlich das Leben genommen, so hätte man seinen Leichnam nicht im Pyjama gefunden, sondern im Smoking». Allerdings ist auch bekannt, dass Gründgens Probleme mit dem Älterwerden hatte und sich häufig einsam fühlte, was durchaus Grund für einen Suizid sein könnte.

Gründgens ist als bedeutender Schauspieler und Theaterregisseur verhältnismäßig lange im öffentlichen Gedächtnis geblieben. Seit 1945 stand er zugleich als Nazi-Nutznießer und -unterstützer moralisch im Zwielicht (so wie er auch viele seiner Rollen anlegte).
Zahlreiche Theater-, Film- und Fernsehdarsteller hat er – vor allem in seiner Hamburger Zeit – stark geprägt.

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In Bezug auf die Person von Gustaf Gründgens herrscht in Deutschland auch heute noch keine Einigkeit. Deshalb führen wir im Folgenden drei Beiträge an, deren Verfasser verschiedene, ja konträre Meinungen zu Leben und Werk von Gustaf Gründgens vertreten. Wir hoffen, dass diese Materialien unsere Leser zum Nachdenken, Nachforschen und vielleicht zu einer Diskussion anregen.

Der Text ist entnommen aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gustaf_Gr%C3%BCndgens
http://www.deutsches-filminstitut.de/dt2tp0018.htm