Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №15/2007

Sprachliches

Humor des Kindes

Prof. Dr. Irina AMSARAKOWA, Abakan

Eine Beobachtung besagt, dass das Kind das Komische hervorbringt, ohne sich dessen bewusst zu werden. Nähere Untersuchungen ergeben den Zusammenhang zwischen dem Humor des Kindes und dem Erwerb der gesellschaftlichen Normen durch das Kind. Darüber hat sich Helmut Helmers in seinem bekannten Werk «Sprache und Humor des Kindes» eindeutig geäußert: «Die soziale Bedeutung des Humors, wie sie sich schon beim Kind manifestiert, liegt in der dialektischen Beziehung zwischen Integration im Sinn von Normenerwerb auf der einen Seite und Emanzipation im Sinn von progressiver Normenkritik auf der anderen Seite» (Helmers 1971, 9). Auf die Rolle des Humors bei der Sozialisation des Kindes weisen Psychologen und Sprachforscher hin (Helmers 1971; 1984; Гридина 1996; Audehm 1998; Овчинникова/Силантьева 1998; Дмитриев/ Сычев 2005, Kotthoff 1998, Лоренц 1994, Капаницкая 2004; Амзаракова 2006). Das Lachen des Kindes und seine Auswirkung wird in verschiedenen Bereichen untersucht: im Fernsehen (Bonsch-Kauke 2003, Kotthoff 2003, Neuß 2003), in der Kinderliteratur (Helmers 1984, Amsarakowa 2002), im Alltag (Oksaar 1977, Rasoloson 1995, Kotthoff 2005, Ïàëêèí 2002).

Das Kind beherrscht, so Helmers, die Situation gerade dort am besten, wo es lacht (Helmers 1971, 14). Das Lachen und der Humor sind eine dialektische Einheit, deren Elemente einander bedingen. Daher eine hohe Frequenz der Elemente des Wortfeldes «lachen» in der kindlichen Rede. Das Lachen ist ein unabdingbarer Bestandteil und ein wichtiger Faktor des kindlichen Sozialisationsprozesses.

Selbst das Wort «lachen» und die Vielfalt seiner Ableitungen im Sprachgebrauch des Kindes zeugen vom Wert dieser Handlung für das Kind. Im Russischen gehört das Wort «smeyat’sa» («lachen») mit seiner Frequenzquote 99 zu frequenzhohen Wörtern in der spontanen Alltagsrede des Grundschulkindes (Харакоз 1971). Noch höher ist die Frequenzquote des Verbs «lachen» im Deutschen: Im Häufigkeitswörterbuch von
D. Pregel/ G. Rickheit liegt das Wort mit Frequenzquote 634 auf der 12. Stelle (Pregel/Rickheit 1987, 119).

Im Wörterbuch von Vera Harcenko (Харченко 2005) findet man mehrere Wortschöpfungen und Ableitungen, die sich ins Wortfeld «lachen» einfügen: смех, смехота, смехотаться, смехотворно, смехотворный, смехохохотание, смешить, смешиться (= смеяться), смешно, смешной, смеючий (= любящий посмеяться), смеяние (= смех), смеяться. Auch das Wort anekdot kennt im Kindermund Einmalbildungen: anekdotit’ = Witze erzählen, anekdotorasskazcik = Witzemacher. Man hätte auch weitere Beispiele bringen können.

Im assoziativ-verbalen Netz des deutschen Kindes liegen die Wörter lachen, Witz, komisch (Helmers 1971, 21) im Zentrum des sprachlichen Feldes «lachen». Das, was komisch ist, was lachen lässt, ist beliebt; der, wer Witze erzählt, wird anerkannt.

Die Wahrnehmung des Komischen beginnt mit der Wahrnehmung der lautlichen Seite der Sprache. Deshalb mögen Kinder Schüttelreime und Zungenbrecher. Nicht zufällig ist in der deutschen Literatur das sogenannte «phonetische» Spiel zur literarischen Tradition geworden. Es ist in Werken von Christian Morgenstern («Lalula») vertreten, bei James Krüss «mit seinen Möpsen, die Schnäpse trinken, den Igeln vor Spiegeln, den Ochsen, die boxen» (Thadden 2003).

Die phonetischen Sprachspiele findet man in der Kinderfolklore, auf ihrer Basis entstehen kodifizierte Lexeme (Zippelzappel, winke-winke, Wischi-Waschi-Wusch), von Kindern selbst werden sie spontan gebildet (Wauderkelsch=Kauderwelsch, Pugzeug=Flugzeug). Nicht von ungefähr sind solche Bücher wie «Das Sprachbastelbuch» (1992), wo mit Sprache gespielt wird, so zerlesen. Beliebt sind z. B. Gedichte und Geschichten von Josef Guggenmos, der gern mit der Form spielt:

Und er schrieb an einem Trumm:
MUTAKIRORIKATUM.
Ebenso verkehrt herum,
ja, so hieß der Gute

(Guggenmos 1973,11);

Oder:
Das o und alle drei e
gingen auf Urlaubsreise –
da knurrte das Dnnrwttr
nur noch merkwürdig leise

(Guggenmos 1993, 130)

Und wenn neue Bücher erscheinen, in denen diese Tradition fortgesetzt wird, freuen sich sowohl Kinder als auch Erwachsene. Siehe dazu die Rezension von Elisabeth von Thadden zum Kinderbuch «Neun nackte Nilpferddamen: Aber Unsinn macht Spaß» (2003)*. Gerne zitiere ich eine Stelle aus der Rezension, um die Leser auf dieses Buch neugierig zu machen:

*Elisabeth von Thadden. Bremer Stadtschmusetanten und Humpelfilzchen // ZEIT LITERATUR: Kinder, Jugendbuch & Bildung, Erziehung, Nr. 49, Jg.58, November 2003. – S. 10.

 

«Die Anhänger der Verfallstheorien werden damit leben müssen: Kinder sind immer noch Sprachschöpfer, Klangzauberer, Buchstabenbastler. Denn sie sind Spieler. Sind Künstler. Kinder brauchen Hexen, die klecksen, Schrauben, die stauben, Ahnen, die mahnen. Und die beiden Autorinnen der Nilpferddamen, Gerda Anger-Schmidt und Renate Habinger, haben fast nichts anderes getan, als sich eben darauf zu verlassen. Sie haben, Kapitel für Kapitel, je einen Buchstaben in Szene gesetzt, mit Rätseln, Spielen, Gedichten, Geschichten, haben auch allerhand alte Ideen nur variiert, ein paar Verse neu durchgeschüttelt, ein paar alte Lautspiele bloß ausgelüftet, was ihnen kein Kind verübeln wird. Denn deren Hunger auf puren Unsinn ist groß, und hier gibt’s Bildung mal nur als Beigeschmack, Belehrung fehlt ganz, also schmeckt der ganze Unfug vor allem gut, und nur nebenbei ist er auch noch gesund.»

Während das Lautspiel vom Kind früh genug erkannt und als Spiel verwendet wird, so dauert es mit dem Wort-Spiel etwas länger. Wenn man das Kind sprechen hört, so stellt man fest: auch ein kleines Kind verwendet viele komische Wörter. Aber dieses Wortspiel bezieht sich nur auf die Ebene der Sprachproduktion, nicht der Sprachrezeption. Es entsteht eine Art «Einbahnhumor» – nur für den Empfänger, in der Regel einen Erwachsenen, der den Humoreffekt rezipiert und als solchen auslegt. Es geht hier nämlich um die mangelnde Sprachkompetenz, und sie kommt zum Ausdruck des Öfteren durch Paronomasie, d. h. Verwendung eines falschen, aber gleich oder ähnlich klingenden Wortes: Schiesrichter statt Schiedsrichter, Lebensluxus statt Lebenszyklus, Füllosofie statt Philosophie u.dgl. Auf paronymischer Attraktion sind solche Fehler gebaut wie bespinnen statt bestimmen, Kompost statt Kompott. Sprachfehler sind somit eine Vorstufe des Sprachscherzes.

Erst allmählich, mit der Herausbildung der metakommunikativen Kompetenz, entwickelt sich die Lautumstellung (Metathese) vom Sprachfehler zum Sprachscherz: Laschwappen statt Waschlappen, Sellenwittig statt Wellensittig, Dachdrecker statt Dachdecker. Die Metathese wird auch von Kinderschriftstellern gern benutzt. Im Buch von Michael Ende «Der satan
archäolügenialkohöllische Wunschpunsch» stolpert der Zauberer Irrwitzer über die Wörter in seinem bösen Zauberspruch: statt Punsch aller Pünsche, erfüll meine Wünsche sagt er: «Punsch aller Wische, erwunsch meine Pinsche» (Ende, 220); der Rabe Jakob möchte seine Gelehrsamkeit zeigen und verwendet terminologische Lexik, aber immer verdreht – eben so, wie Kinder es mit bildungssprachlichen Wörtern machen: Reißmatissimus statt Rheumatismus, Mini-Sänger statt Minnesänger.

Man kann behaupten, Kindersprache ist auf allen Ebenen mit Humor durchdrungen: in Laut, Wort, Satz, Text. Mehr noch: der Humor prägt das Verhalten und das Sprachverhalten. Der Kinderhumor beginnt mit dem «Fehler», mit der Normabweichung, die in schriftlichen Schülerarbeiten als «Stilblüten» bezeichnet werden. Schulaufsätze sind eine unausschöpfliche Quelle des Komischen, die Stilblüten sind Kompetenzfehler, die ein besonderes Stilalter markieren.

Zu den linguistischen Gründen solcher «witzigen» Äußerungen gehören:

– Generalisierung von Wortbildungsmodellen (Analogie):
Wir gingen mit unserer Lehrerin im Park spazieren. Gegenüber dem Park war ein Haus, wo die Mütter ihre Kinder gebären. Eine Gebärmutter schaute aus dem Fenster und winkte uns zu.
Neben Prunksäulen hatten die Ritter auch heizbare Frauenzimmer;

– Einengung der Wortbedeutung (das Wortkonzept ist nicht voll):
Beim Roten Kreuz widmen sich die Männer und Frauen der Liebe. Einige tun es umsonst, andere werden bezahlt.

– Nicht ausreichende Kompetenz im Bereich der Polysemie und der semantischen Vereinbarkeit der Wörter:
Orgel und Klavier unterscheiden sich vor allem dadurch, dass an der Orgel die größeren Pfeifen sitzen.
Mit starkem, großem Strahl gaben die Feuerwehrleute ihr Wasser ab.

– Verletzung von logischer und syntaktischer Fügungspotenz der Wörter in einer Aussage (Textentfaltung ohne Berücksichtigung des Rezipienten):
Wir gingen in den Zoo. Es war ein großer Affe im Käfig. Mein Onkel war auch dabei.
Der Landwirtschaftsminister ließ die Bauern zusammenkommen, denn die Schweine fraßen zu viel.

Es steht fest, dass man die Kindersprache, insbesondere den Kinderhumor, nur auf der Diskursebene betrachten kann, in enger Wechselwirkung von Sprache und Sprechakt.

In Kommunikationssituationen, in denen zumindest ein Sprecher das Kind ist und es zu einem Lachen kommt, lassen sich die Äußerungen unter folgenden Aspekten beschreiben:

1. Äußerliche Begebenheiten (sprachliche oder nichtsprachliche), die das Lachen des Kindes hervorrufen;

2. Äußerungen, die wegen der mangelnden kommunikativen Kompetenz des Kindes (unbeabsichtigte) humoristische Wirkung haben;

3. Äußerungen, deren Illokution humoristische Wirkung ist (den Hörer zum Lachen zu bringen).

Die erste Gruppe stellt Äußerungen und Situationen dar, auf die das Kind mit Lachen reagiert. Die Analyse dieser Begebenheiten liefert wichtige Informationen zur mentalen und verbalen Entwicklung des Kindes. Die nachfolgenden Beispiele veranschaulichen die Reaktion auf die Äußerungen der Gesprächspartner eines Mädchens:

Vater: «Was hast du da einen Dampf ausströmen lassen!» – Teresa: «Öhaha (lacht über ‹Dampf ausströmen›)» (Teresa, 209);
Vater: «Familie is immer ein Kibbuz!» – Teresa: «Hier! Ein Kibbuz! ...Öhähähähä» (lacht darüber)
(Teresa, 210).

Wir können die Beobachtung von vielen Forschern bestätigen, dass dem Kind alles, was aus seiner sozialen Ordnung herausfällt, «komisch» erscheint: eine ungewöhnlich geschriebene Ziffer («japanische Schrift ist komisch»), ein als Frau verkleideter Mann mit einem Bart oder eine nicht normgerechte Kleidung («Da bin ich vor die Tür im Schlafanzug gegangen»), eine ungewöhnlich klingende Stimme. Da erzählt ein Grundschulmädchen den Eltern zu Hause: «Heute in der Schule, die Lilli hatte so’ne ganz komische Stimme, so’ne hohe Stimme, die hat ganz hoch gesungen. Da musst ich lachen.» (Neuß 2003: 15). Siehe darüber auch: Helmers 1971, 26–28. Es darf aber nicht übersehen werden, dass etwa kleinere Kinder (6–8 Jahre) lachen bloß, weil sie sich freuen.

Zur zweiten Gruppe können Muster mit paronymischer Attraktion gezählt werden, remotivierte Wörter (*Gebärmutter = Frau, die ein Baby bekommen hat; *stillen = beruhigen), Neuschöpfungen, die sich auf Wortbildungsmodelle stützen und usuelle Wörter ersetzen: Brotsamen statt Brosamen; Mistgeburt statt Missgeburt, Ohrfanger statt Ohrfeige.

In einem Kontext kommt zum Vorschein, wie das Kind ein usuelles Wort versteht – und das schafft oft einen humoristischen Effekt. Zum Beispiel:

Ich möchte gern wissen, was die Jungfräulichkeit ist und in welchem Alter sie sich entwickelt (Kinder, 58).

An dem Beispiel sehen wir, dass sich das unbeabsichtigt Komische nicht nur auf semantischer Ebene, sondern auch auf der syntaktischen Ebene offenbart. Oft sind es Wortgruppen mit Falschkoppelungen:

ein vergewaltigtes Kind zur Welt bringen;

ein körperloses Spiel;

an seinem ganzen Leib trug er nur einen Quadratmeter Fleisch.

Für die Grundschule sind solche Fehler typisch, die stellen eine Art Iterimsprache dar, die allmählich der Norm annähert. Das nächste Beispiel ist ein Aufsatz von einem zwölfjährigen Jungen, das zeigt, wie die Reaktion der Mitschüler den Lesenden auf seinen Fehler aufmerksam macht:

Als ich einmal tüchtig lachen musste. Herbert sollte eines Tages in der Klasse lesen und als er an der Reihe war, da hat er «Stiefenkehlchen» gelesen. Wir mussten uns den Bauch vor Lachen halten. Es heißt nämlich «Stief-Enkelchen». Herbert machte ein verdutztes Gesicht und dachte nach, was er gesagt hatte. Nach kurzer Zeit lachte er auch (Helmers 1971, 37).

Fortsetzung folgt