Главная страница «Первого сентября»Главная страница журнала «Немецкий язык»Содержание №12/2007

Sonderthema

Didaktische Hinweise

Vorarbeit
Das Arbeitsblatt 1 Quiz ermöglicht eine Einschätzung des vorhandenen Wissens, stellt aktuelle und zeitgeschichtliche Bezüge her und führt an das Thema heran.

Einsatz im Unterricht
Leseauftrag

Es wird auf den Titel des Beitrags hingewiesen Ein Einsehen lernen mit Worten und vorab die Aufgabe gestellt, Entwicklungslinien im Werk von Ingeborg Bachmann stichpunktartig festzuhalten.

Nacharbeit
Sammlung und Sicherung

Anschließend werden die Ergebnisse gesammelt, im Tafelbild festgehalten und von der Klasse diskutiert.

Gedicht
Zur klassischen Lyrikinterpretation eignet sich das in Arbeitsblatt 2 Lyrik abgedruckte Gedicht Alle Tage. Eventuell verfassen die Schüler ein Update dieses Gedichts, z. B. im Rahmen eines rap-Wettbewerbs, in dem die aktuelle Lebenswelt thematisiert wird.

Diskussion
Es sei nach Auschwitz unmöglich, ein Gedicht zu schreiben, so wird Theodor W. Adorno oft zitiert. Wie also kann der lyrische Intellekt mit dem vergangenen gewalttätigen Jahrhundert ins Reine kommen? Das Arbeitsblatt 3 Zur Diskussion bietet einige Zitate, die sich als Diskussionsgrundlage eignen.
Referatsthemen/Fächerübergreifender Bezug
– Utopien in Literatur und Zeitgeschichte
– Die Gruppe 47
– Kindheitszerstörung als Thema der Literatur
Ausgehend von Bachmanns Äußerung: «Es hat einen bestimmten Moment gegeben, der hat meine Kindheit zertrümmert. Der Einmarsch von Hitlers Truppen in Klagenfurt. Es war etwas so Entsetzliches, dass mit diesem Tag meine Erinnerung anfängt: durch einen zu frühen Schmerz, wie ich ihn in dieser Stärke vielleicht später überhaupt nie mehr hatte. (...) Aber diese ungeheure Brutalität, die spürbar war, dieses Brüllen, Singen und Marschieren – das Aufkommen meiner ersten Todesangst.» (Interview 24.12.1971)

Zitate zu den Arbeitsblättern aus:
Ingeborg Bachmann: Werke. Piper Verlag, München 1993. Bd. 1. S. 46; Bd. 4. S. 255ff.
Ingeborg Bachmann: Wir müssen wahre Sätze finden. München 1983, S. 15ff.
Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften. Bd. 10.1. Frankfurt/M. 1980. S. 11 ff.


Arbeitsblatt 1

Literatur-Quiz

1. In Ingeborg Bachmanns Geburtsstadt finden jährlich die «Tage der deutschsprachigen Literatur» statt. Wie heißt sie?
a) Wien
b) Graz
c) Klagenfurt

2. Wie heißt der Kreis von deutschsprachigen Schriftstellern und Kritikern, der sich nach Kriegsende, bis 1967, zu gegenseitiger Kritik und Förderung zusammenfand?
a) Die Brücke
b) Club 2
c) Gruppe 47

3. Wie heißt der weibliche Wassergeist, der mehrmals Opernstoff wurde und auch die Titelfigur einer Erzählung von Ingeborg Bachmann ist?
a) Undine
b) Ariadne
c) Penelope

4. Von welchem Schriftsteller stammen die Romane Stiller und Mein Name sei Gantenbein?
a) Bertolt Brecht
b) Max Frisch
c) Friedrich Dürrenmatt

5. Wie heißt einer der angesehensten Hörspielpreise im deutschsprachigen Raum?
a) open mike
b) Georg-Büchner-Preis
c) Hörspielpreis der Kriegsblinden

6. Von welchem Philosophen stammt die Aussage, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch?
a) Theodor W. Adorno
b) Peter Sloterdijk
c) Ludwig Wittgenstein

Lösungen: 1c, 2c, 3a, 4b, 5c, 6a


Arbeitsblatt 2

Das Gedicht

Alle Tage
Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern
der Hoffnung über dem Herzen.

Er wird verliehen,
wenn nichts mehr geschieht,
wenn das Trommelfeuer verstummt,
wenn der Feind unsichtbar geworden ist
und der Schatten ewiger Rüstung
den Himmel bedeckt.

Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.

Ingeborg Bachmann


Arbeitsblatt 3

Zur Diskussion

1. Theodor W. Adorno
«Kulturkritik findet sich der letzten Stufe der Dialektik von Kultur und Barbarei gegenüber: nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch, und das frisst auch die Erkenntnis an, die ausspricht, warum es unmöglich ward, heute Gedichte zu schreiben.»

Kulturkritik und Gesellschaft (1951)

2. Ingeborg Bachmann
«Wenn aber nun die Schreibenden den Mut hätten, sich für utopische Existenzen zu erklären, dann brauchten sie nicht mehr jenes Land, jenes zweifelhafte Utopia anzunehmen – etwas, das man Kultur, Nation und so weiter zu benennen pflegt, und in dem sie sich bisher ihren Platz erkämpften. (...) Aber war er je so natürlich? War nicht in diesem Utopia der Kultur zum Glück ein viel reineres Element von Utopie enthalten als Richtung, die einschlagbar bleiben wird, wenn unsere Kultur ihr Gesicht nicht einmal mehr an hohen Feiertagen wahren wird, wenn die Dichtung nicht mehr ‹als geistiger Raum einer Nation› zu denken ist – heute im Grund schon eine Unmöglichkeit –, sondern aus dem Hier-und-Jetzt-Exil zurückwirken muss in den ungeistigen Raum unserer traurigen Länder. Denn dies bleibt doch: sich anstrengen müssen mit der schlechten Sprache, die wir vorfinden, auf diese eine Sprache hin, die noch nie regiert hat, die aber unsere Ahnungen regiert (...)»

Literatur als Utopie (1959/60)

3. Ingeborg Bachmann
«...ich glaube auch, dass man die alten Bilder, wie sie etwa Mörike verwendet hat oder Goethe, nicht mehr verwenden kann, nicht mehr verwenden darf, weil sie sich in unserem Mund unwahr ausnehmen würden. Wir müssen wahre Sätze finden, die unserer eigenen Bewusstseinslage und dieser veränderten Welt entsprechen.»

Interview mit Joachim v. Bernstorff (1956)